Politikern wird zuweilen vorgeworfen, keinen Handschlag zu tun, und manchmal bringt sie dieser Vorwurf sogar vor Gericht. So war es bei Gerd Grüner, dem SPD-Bürgermeister der Stadt Greiz in Thüringen. Als Grüner nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr die Stadträte inaugurierte, verweigerte er den beiden Abgeordneten der NPD den Handschlag. Diese wählten daraufhin den Rechtsweg und verwiesen auf die Kommunalordnung des Landes. In Paragraf 24, Absatz 2 dieser heißt es, die Gemeinderatsmitglieder seien durch den Bürgermeister "auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten durch Handschlag zu verpflichten. Verweigert ein Gemeinderatsmitglied die Verpflichtung, so verliert es sein Amt."
Das Verwaltungsgericht Gera wies die Klage am Mittwoch ab, es bestehe kein Rechtsanspruch auf einen Handschlag. Zur Begründung führten die Richter an, dass Stadträten durch die bloße Unterlassung einer solchen Geste keinerlei rechtliche Nachteile entstünden und sich an ihrem Status nichts ändere. Der Handschlag habe in diesem Kontext allein "symbolischen Charakter" - die Symbolpolitik Grüners bleibt damit straffrei.
In einem ähnlichen Fall hatte das Verwaltungsgericht Meiningen im November eine Klage des Eisenacher Stadtrats Patrick Wieschke (NPD) gegen die Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) abgewiesen. Wolf hatte Wieschke ebenfalls den Handschlag verweigert. Dessen Anwalt führte daraufhin an, das Gericht dürfe nicht zulassen, dass Amtsträger selbst entschieden, welche Rechtsnorm denn zu erfüllen seien und welche nicht. Wolf sagte, eine Pflicht zum Handschlag verletze ihre Persönlichkeitsrechte und Intimsphäre. Das Gericht schließlich wies die Klage aus formalen Gründen ab. Ein besonderes Interesse konnten die Richter nicht erkennen, unter anderem mangels Wiederholungsgefahr.
Über die Notwendigkeiten und Rechtsfolgen des Handschlags
Schon verfügbar war da die Drucksache 5/8138 des Thüringer Landtags. Die linke Landtagsabgeordnete Katharina König hatte sich bei der Landesregierung in einer kleinen Anfrage zu Notwendigkeit und Rechtsfolgen des Handschlags erkundigt. Der damalige Innenminister Jörg Geibert (CDU) führte aus, die Kommunalordnung setze, entgegen ihrem Wortlaut, "nicht zwingend einen Handschlag voraus". In gleicher Weise ungezwungen fügte Geibert dieser eigentlich klaren Ansage noch ein paar Sätze allerfeinstes Verwaltungs-Laissez-faire hinzu. Der Handschlag sei als "diesbezügliche Bestätigung" der Verpflichtung "lediglich ordnungspolitischer Natur".
Geklärt ist also, was all diese Ausführungen und Urteile für Wolf und Grüner bedeuten, für die NPD und die Kommunalpolitik in Thüringen. Was aber bedeuten sie für den Kern dieses Streits, also für den Handschlag? Er geht wohl gestärkt aus den Verhandlungen hervor. Seine Abwertung de jure ist eine formale. Sie wird mehr als aufgewogen durch den zusätzlichen Handlungsspielraum, der sich aus ihr ergibt: Wer keinen Handschlag möchte, der muss keinen geben und er wird dafür auch nicht bestraft. Diese Rechtssicherheit dürfte selbst abseits politischer Überlegungen von einigem Wert sein. Die Grippesaison dauert an.