Urteil in Mordfall Halimi:Folter im Keller der Barbaren

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Grausam hat eine kriminelle Bande einen französischen Juden ermordet. Nun wurde der Hauptangeklagte zu lebenslanger Haft verurteilt.

Gerd Kröncke, Paris

Nach mehr als zwei Monaten ist in Paris der Prozess gegen die sogenannte Bande der Barbaren zu Ende gegangen. Mit zum Teil langjährigen Freiheitsstrafen soll der furchtbare Mord an dem jungen Juden Ilan Halimi gesühnt werden.

Anführer der "Bande der Barbaren": Youssouf Fofana. (Foto: Foto: AP)

Dabei wurde der Hauptangeklagte Youssouf Fofana, der sich vor Gericht als Kopf der Bande stilisiert hatte, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Gleichzeitig wurde festgelegt, dass Fofana davon mindestens 22 Jahre verbüßen muss. Straferschwerend waren die offen artikulierten antisemitischen Motive des Täters gewertet worden.

Geld, um Afrika zu befreien

Seine Komplizen, wie Fofana aus dem Einwanderermilieu, hatten rassistische Motive bestritten, um als gewöhnliche Kriminelle verurteilt zu werden.

Weil zwei der 27 Angeklagten zur Tatzeit im Januar 2006 noch minderjährig waren, fand der Prozess nach Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So war die Frau, die Halimi mit einem Rendezvous in eine Falle gelockt hatte, damals 17 Jahre alt.

Sie wurde für ihre Rolle als Lockvogel zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und könnte schon in wenigen Jahren frei sein. Fofana hatte die Entführung des jungen Juden im Januar 2006 ausgeführt, weil seiner Meinung nach Juden reich sind.

Vor Gericht erging er sich, wie Prozessbeteiligte erzählten, in oft abstrusen Theorien. So wollte er Geld von Juden erpressen, um damit Afrika zu befreien.

Martyrium von seltener Grausamkeit

Ilan Halimi war in der Nacht zum 21. Januar 2006 entführt und am 13. Februar halbnackt und mit tödlichen Verbrennungen in der Nähe von Paris aufgefunden worden. Er starb im Krankenwagen auf dem Weg in eine Klinik. Dazwischen lag ein Martyrium von seltener Grausamkeit.

In einem Heizungskeller einer Hochhaussiedlung von Bagneux war der junge Mann an ein Rohr gefesselt. Er wurde gefoltert und in jeder denkbaren Weise erniedrigt. Fofana gab zu, am Ende Brandbeschleuniger über sein Opfer geschüttet und es dann angezündet zu haben.

450.000 Euro wollten die Täter von der Familie Halimi erpressen, doch kam es nie zu einem Versuch einer Geldübergabe. Verbittert hat die Familie, dass in dem Hochhauskomplex der Pariser Vorstadt offenbar viele von der Entführung gewusst hatten, ohne dass jemand der Polizei einen Hinweis gegeben hätte.

"Eine Herausforderung der Republik"

Obwohl einige der Angeklagten Reue bekundeten, haben sie vor Gericht geschwiegen - aus Angst vor Youssouf Fofana, wie die Anwälte betonen.

Der Anwalt der Familie, Francis Szpiner, hat Justizministerin Michèle Alliot-Marie aufgefordert, gegen die seiner Meinung nach zu milden Strafen einiger Mittäter Berufung einlegen zu lassen.

"Dieses Verbrechen", sagte Szpiner nach der Urteilsverkündung,"ist eine Herausforderung der Republik und der französischen Gesellschaft." Nach dem Urteil haben jüdische Verbände zu Protest gegen das Strafmaß aufgerufen. Eine Demonstration ist für diesen Montagabend geplant.

© SZ vom 13.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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