Urteil in letzter Instanz:Milli Görüs siegt im Streit um Verfassungsschutzbericht

Das Land Baden-Württemberg muss Aussagen zu der als extremistisch eingestuften Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs aus dem Verfassungsschutzbericht 2001 streichen.

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs Anspruch darauf, dass bestimmte Passagen über sie aus dem Verfassungsschutzbericht des Landes gestrichen werden. Dabei handele es sich um Tatsachenbehauptungen, von deren Richtigkeit man sich nicht habe überzeugen können, erklärten die Richter am Mittwoch. Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech betonte, Milli Görüs werde auch in Zukunft vom Verfassungsschutz beobachtet.

"Die heutige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ändert überhaupt nichts an der Feststellung, dass Milli Görüs im Visier der Verfassungsschützer bleiben wird", sagte der CDU-Politiker in Stuttgart. Der Gemeinschaft werde es nicht gelingen, der Öffentlichkeit den Eindruck von Harmlosigkeit zu vermitteln: "Sie war und ist eine Organisation, die Bestrebungen verfolgt, die mit unserer Verfassungsordnung nicht vereinbar sind."

Die beanstandeten Passagen im Verfassungsschutzbericht des Landes bezogen sich auf angebliche Äußerungen von Teilnehmern auf Veranstaltungen des Vereins. Daraus hatte sich die Charakterisierung von Milli Görüs als türkische islamistische Vereinigung ergeben. Die Gemeinschaft hatte erklärt, die wiedergegebenen Äußerungen seien so nicht richtig gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg hatte der Klage bereits stattgegeben. Diese Rechtsauffassung wurde nun von den Bundesverwaltungsrichtern geteilt.

Die Vereinigung könne die Unterlassung der umstrittenen Äußerungen verlangen, weil sie in deren Grundrechte eingriffen und nicht erweislich wahr seien, urteilten die Richter. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nach der Vernehmung von Veranstaltungsteilnehmern und zweier Verfassungsschützer nicht davon überzeugen können, dass diese richtig wiedergegeben worden seien.

Dass sich nicht aufklären ließe, ob die behaupteten Äußerungen den Tatsachen entsprächen, gehe zulasten der Behörde, die sich geweigert hatte, bestimmte Verwaltungsvorgänge offen zu legen. Der Umstand, dass die Verfassungsschutzbehörde aus Gründen des Quellenschutzes, insbesondere des Schutzes von V-Leuten, an der Vorlage von Akten und anderen Beweismitteln gehindert gewesen sei, könne nichts an dem vom Verfassungsgerichtshof erzielten Ergebnis ändern, erklärte das Gericht.

(Aktenzeichen beim Bundesverwaltungsgericht: BVerwG 6 C 13.07)

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