Urteil gegen Timoschenko:Lady Ju kämpft weiter

Sie war die Ikone der Orangefarbenen Revolution: Julia Timoschenko verdiente in der Energiebranche Millionen, legte sich mit dem Kreml an, kämpfte gegen Oligarchen und war zwei Mal Premierministerin. Nun soll sie zum Entsetzen ihrer vielen Anhänger jahrelang ins Gefängnis.

Ihr Leben in Bildern.

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Hochspannung vor Urteilsverkuendung im Timoschenko-Prozess

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Sie war die Ikone der Orangefarbenen Revolution: Julia Timoschenko verdiente in der Energiebranche Millionen, legte sich mit dem Kreml an, kämpfte gegen Oligarchen und war zwei Mal Premierministerin. Nun soll sie zum Entsetzen ihrer vielen Anhänger jahrelang ins Gefängnis.

Das Urteil gegen Julia Timoschenko ist gesprochen: Die Oppositionspolitikerin ist nach Ansicht des Richters schuldig, während ihrer Regierungszeit im Jahre 2009 für die Ukraine unvorteilhafte Gasverträge mit Russland abgeschlossen zu haben. Sie wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. 

Seit dem 5. August 2011 befand sich Timoschenko im Kiewer Lukjaniwka-Gefängnis in Untersuchungshaft. Die Politikerin sieht in dem Verfahren einen Versuch von Präsident Viktor Janukowitsch, sie politisch auszuschalten. Die EU hatte im Vorfeld gefordert, Timoschenko an den Parlamentswahlen im Herbst 2011 teilnehmen zu lassen und hatte Janukowitsch damit gedroht, Assoziierungs- und Handelsabkommen mit der Ukraine platzen zu lassen.

Strafverfahren gegen ukrainische Vize-Regierungschefin Timoschenko

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Julia Timoschenko wird 1960 in Dnjepropetrowsk geboren. Mit dem Zerfall der Sowjetunion beginnt ihre Karriere im "Dnjepropetrowsker Clan" als Finanzexpertin im Management großer Industriebetriebe. Sie wird Vorstandsvorsitzende der "Vereinigten Energiesysteme", einem der größten Konzerne der Ukraine. Ihr Erfolg bringt ihr den Beinamen "Gasprinzessin" ein. In diesen Jahren häuft sie ein Millionenvermögen an, in manchen Berichten wird sie als eine der reichsten Personen der Ukraine bezeichnet.

JULIA TYMOSHENKO

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Mitte der neunziger Jahre entscheidet sich Timoschenko, in die Politik einzusteigen. Unter Premier Pawlo Lasarenko wird sie Vizepremierministerin und Ministerin für Energie und Wirtschaft. Sie zwingt die Rohstoff- und Stromkonzerne Steuern zu zahlen und versucht, die Abhängigkeit der Ukraine von russischen Zulieferern zu verringern.

UKRAINISCHE POLITIKERIN JULIA TIMOSCHENKO FREIGELASSEN

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Mit ihrer Politik kommt sie den Interessen der verschiedenen Oligarchen in der Ukraine und Russland sowie den Machthabern im Kreml in die Quere. Anfang 2001 wird sie wegen Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung angeklagt. Präsident Leonid Kutschma wirft sie aus der Regierung, Timoschenko kommt in Untersuchungshaft. Als sie wenige Wochen später im März 2001 freikommt, überreichen ihr Anhänger rote Rosen.

Das mutmaßliche Ziel der Machtelite, Timoschenko zu brechen, misslingt: Sie zieht aus dem Gefängnisaufenthalt politisches Kapital. Für die wachsende Zahl ihrer Anhänger ist Timoschenko eine Politikerin, der es nicht nur um Macht geht, sondern die bereit ist, für ihre Überzeugungen sogar ins Gefängnis zu gehen.

Viktor Juschtschenko und Julia Timoschenko bei Protest der ukrainischen Opposition, 2004

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Im Dezember 2004 wird Julia Timoschenko auch außerhalb der Ukraine und der ehemaligen Sowjetunion bekannt: Neben Viktor Juschtschenko (Mitte) wird sie zur Heldin der prowestlichen und kremlkritischen Orangefarbenen Revolution. Die Proteste richten sich gegen den vermeintlichen Wahlbetrug des Lagers des russlandfreundlichen Kandidaten Viktor Janukowitsch im Wettbewerb um das Präsidentenamt im November 2004. Am 26. Dezember wird die Abstimmung unter Aufsicht von internationalen Wahlbeobachtern wiederholt - und Juschtschenko zum Staatsoberhaupt gewählt. Julia Timoschenko wird Premierministerin. Westliche Medien sind begeistert von der attraktiven Politkerin und befassen sich neben ihrer Politik auch mit ihrem Haarkranz.

Ukrainischer Präsident Juschtschenko entlässt Premierministerin Timischenko, 200

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Im April 2005 entlässt Präsident Juschtschenko, auf den im Wahlkampf ein Giftanschlag verübt wurde, die Regierung samt Premierministerin Julia Timoschenko. Korruptionsvorwürfe und steigende Preise hatten die Regierung nur sieben Monate nach der Orangefarbenen Revolution innenpolitisch unter Druck gesetzt. Mit der Entlassung seiner Mitstreiterin Timoschenko verfolgt Juschtschenko auch außenpolitische Interessen. Ohne konkrete Beitrittsperspektive zur EU sieht sich Juschtschenko gezwungen, den Kontakt zu Russland zu suchen. Timoschenko, die den Einfluss der russischen Konzerne eingrenzen will, ist der Regierung in Moskau unangenehm. Aus dem einstigen "Traumpaar der Revolution" werden Rivalen.

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Bei der Parlamentswahl am 30. November 2007 erhält Timoschenkos Partei 30,8 Prozent der Stimmen. Ihr Name "Block Julia Timoschenko" zeigt, dass es in der ukrainischen Politik weniger um Programme als um Personen geht. Am 18. Dezember wird die populäre Politikerin erneut vom Parlament zur Premierministerin gewählt und übernimmt zum zweiten Mal die Führung einer "orangenen Koalition". Der Machtkampf zwischen Präsident Juschtschenko und Lady Ju, wie sie von ihren Anhängern genannt wird, geht in die nächste Runde.

CORRECTION-RUSSIA-GEORGIA-CONFLICT-UKRAINE-DIPLOMACY-WEAPONS

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Urteil gegen Timoschenko:111013_pol_ukraine_russland

Vor der Wahl Timoschenkos zur Premierministerin am 30. November 2007 kündigt der russische Gazprom-Konzern an, die Gaslieferungen in die Ukraine zu drosseln, würde die Ukraine ausstehende Gasrechnungen nicht bezahlen. Zuvor hatte der russische Botschafter in Kiew verlauten lassen, der Gaspreis für die Ukraine hinge auch von der Zusammensetzung der Regierung ab. Dies war keine Empfehlung für Timoschenko, die die Verträge über Gaslieferungen aus Russland neu aushandeln will, um die Lieferungen ohne Zwischenhändler abzuwickeln. Auch in dieser Frage stehen sich Präsident und Premierministerin gegenüber. Juschtschenko kritisiert Anfang 2008 Timoschenkos Haltung im Gasstreit in einem offenen Brief und stellt sich auf die Seite des damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Anfang 2009 eskaliert der Streit: Russland hatte von der Ukraine einen höheren Preis für sein Gas gefordert, während Kiew höhere Transitgebühren für russisches Gas verlangte, das in Pipelines über ukrainisches Gebiet nach Europa fließt. 80 Prozent des russischen Gases werden so exportiert. Als sich keine Lösung abzeichnet, dreht Russland der Ukraine das Gas ab. In mehreren Ländern kommt es daraufhin zum Energie-Notstand. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld.

Russland will der Ukraine mit Milliardenkredit aushelfen

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Am 20. Januar 2009 wird der Gasstreit durch ein neues Lieferabkommen beigelegt - es ist jenes Abkommen, für das Timoschenko nun schuldig gesprochen wurde. Mit dem Abkommen muss die Ukraine ab 2010 EU-Preise für Gas aus Russland zahlen. Für das Jahr 2009 gewährt Russland der Ukraine einen Rabatt von 20 Prozent. Im Gegenzug werden die Transitgebühren nicht erhöht.

Wahlkampf vor ukrainischer Präsidentenwahl - Timoschenko-Plakat

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Im Januar 2010 kandidiert Julia Timoschenko für das Präsidentenamt. Sie tritt gegen Oppositionsführer Janukowitsch von der "Partei der Regionen" an, dem Juschtschenko und Timoschenko im Zuge der Orangefarbenen Revolution fünf Jahre zuvor eine Niederlage bereitet haben. Sie verliert die Wahl knapp. Janukowitsch fordert Timoschenko auf, ihr Amt als Regierungschefin niederzulegen.

Ukrainisches Gericht prüft Janukowitschs Wahlsieg

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Timoschenko ficht den Sieg Janukowitschs bei den Präsidentschaftswahlen 2010 vor dem Verwaltungsgerichtshof an. Sie fordert Neuwahlen, doch ohne Erfolg. Das ukrainische Parlament spricht ihr im März 2010 das Misstrauen aus, Timoschenko muss ihr Amt als Regierungschefin aufgeben.

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Für ihre Anhänger bleibt Julia Timoschenko eine Heldin: An jedem Prozesstag wurde für die ehemalige Regierungschefin mit ikonengleichen Postern demonstriert. Polizisten mussten stets das Gerichtsgebäude sichern.

© sueddeutsche.de/Jakob Kienzle/mit Material von dpa/mati
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