Urteil des Verfassungsgerichts:Parlamentswahl in Ägypten teilweise ungültig

Die Parlamentswahl in Ägypten muss zum Teil wiederholt werden: Das Verfassungsgericht des Landes erklärte ein Drittel der Stimmen für ungültig. Zugleich entschied es, dass der einstige Mubarak-Premierminister Schafik bei der Stichwahl zum Präsidentenamt am kommenden Wochenende antreten darf.

Die ägyptische Parlamentswahl vom Januar muss zum Teil wiederholt werden. Das Verfassungsgericht des Landes erklärte Medienberichten zufolge ein Drittel der Stimmen für ungültig. Strittig war demnach das ursprünglich für unabhängige Kandidaten reservierte Drittel an Parlamentssitzen, für das jedoch Mitglieder politischer Parteien antraten. Dadurch erhielt die Partei der Muslimbrüder, die nun die Parlamentsmehrheit stellt, einen Vorteil.

Mit dem Gerichtsurteil wird die gesamte Legitimität des in mehreren Wahlrunden über Monate hinweg gewählten Parlaments in Frage gestellt. Parlamentssprecher Saad al-Katatni hatte jedoch bereits vor dem Urteil darauf hingewiesen, dass fraglich sei, wie das Urteil umzusetzen sei, da es derzeit keine Verfassung in Ägypten gebe.

Diese war mit dem Sturz von Ex-Präsident Husni Mubarak im vergangenen Jahr abgeschafft worden. Ohne Verfassung habe keine Behörde das Recht, das Parlament aufzulösen, erklärte al-Katatni. Eine Möglichkeit seien jedoch Nachwahlen zum Parlament, mit denen die als verfassungswidrig eingestuften Sitze neu vergeben werden könnten.

Schafik darf antreten

Aus der Wahl waren die Muslimbrüder als stärkste politische Kraft hervorgegangen: Nach den offiziellen Ergebnissen konnte die Partei der Freiheit und Gerechtigkeit, die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen ist, 47 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dahinter folgten die ultrakonservativen Salafisten. 70 Prozent der Ägypter hatten bei den Wahlen für islamistische Parteien gestimmt.

Das Verfassungsgericht bestätigte zugleich die Kandidatur von Ex-Minister Ahmed Schafik bei der Stichwahl für das Präsidentenamt am kommenden Wochenende. Ein Gesetz, das ehemaligen Top-Funktionären aus der Zeit des früheren Präsidenten Mubarak die Teilnahme am politischen Leben untersagt, sei verfassungswidrig, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen unter Berufung auf die Entscheidung der Richter.

Schafik ist einer der beiden Kandidaten, die sich für die Stichwahl am Samstag und Sonntag qualifiziert hatten. Der zweite Kandidat ist der Islamist Mohammed Mursi, der von der Muslimbruderschaft nominiert worden war.

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