Urteil:BGH kippt Mietverordnung

Das Land Hessen hat seine Mietpreisbremse nicht ausreichend begründet - selbst eine nachgeschobene Erklärung reichte den Richtern in Karlsruhe nicht.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

An gutem Willen, den Anstieg der Mieten einzudämmen, fehlt es weder im Bund noch in den Ländern. Nun aber hat der Bundesgerichtshof (BGH) der Politik bei ihrem populärsten Instrument - der Mietpreisbremse - schmerzhaft aufgezeigt, wie groß der Unterschied zwischen "gut gemeint" und "gut gemacht" sein kann. Seit dem 1. Juni 2015 dürfen die Länder per Verordnung "angespannte Wohnungsmärkte" ausweisen, in denen Neuvermietungen nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Viele Länder sind umgehend darauf eingestiegen - darunter auch Hessen. Nun aber hat der BGH entschieden, dass die hessische Verordnung vom November 2015 von vornherein nichtig war, und zwar deshalb, weil sie nicht mit einer öffentlichen Begründung versehen war. Und nicht nur das: Auch der Versuch, den Fehler mit nachgeschobener Begründung zu korrigieren, schlug fehl - laut BGH kann die mangelhafte Verordnung nicht nachträglich geheilt werden. Da sich die Niederlage beim BGH abgezeichnet hatte, hat Hessen im Juni eine neue, nunmehr begründete Verordnung erlassen.

Der BGH folgt damit der Linie vieler Amts- und Landgerichte. Auch beispielsweise in Bayern, Hamburg und zuletzt in Baden-Württemberg haben Gerichte die Verordnungen zur Mietpreisbremse wegen fehlender Begründung beanstandet. Denn Paragraf 556d Bürgerliches Gesetzbuch ist in diesem Punkt unmissverständlich - man wundert sich, dass es dafür Gerichte braucht. Danach "muss" eine Verordnung begründet werden: "Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt." Und das ist keine bloße Formalie, schreibt nun der BGH. Der Eigentumsschutz der Vermieter verlange, dass die Grundlagen einer Mietbegrenzung dargelegt würden. "Es geht also darum, dass der Verordnungsgeber im Einzelnen zu begründen hat, auf welcher Tatsachenbasis, insbesondere aufgrund welcher Indikatoren er die betroffenen Gebiete als angespannte Wohnungsmärkte beurteilt und welche Maßnahmen er getroffen hat oder plant, um die Situation zu mildern." Die gegenläufigen Interessen von Vermieter und Mieter müssten abgewogen werden. Notwendig sei die Begründung, damit die Mieterschutz-Maßnahmen gerichtlich überprüfbar seien.

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