KriegsdiplomatieVon der Leyen hofft auf Gespräch mit Trump in Rom

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Mit blauer Flagge im Hintergrund wollen sich Trump und seine Minister derzeit nicht fotografieren lassen: Ein Problem für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Mit blauer Flagge im Hintergrund wollen sich Trump und seine Minister derzeit nicht fotografieren lassen: Ein Problem für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. (Foto: Yves Herman/REUTERS)

Für die EU-Kommissionschefin bietet die Trauerfeier des Papstes womöglich eine Chance, US-Präsident Donald Trump zu treffen. Aber will auch er diese Gelegenheit nutzen?

Von Hubert Wetzel, Brüssel

Vielleicht ist es bezeichnend für den Zustand des amerikanisch-europäischen Verhältnisses, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgerechnet am Rande einer Trauerfeier auf ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump hofft. Schließlich sind die Beziehungen zwischen Washington und Brüssel momentan alles andere als freundlich – Stichwort: Strafzölle und Handelskrieg, Stichwort: Trumps Ukraine-Plan, der Russland große Zugeständnisse macht. Die düstere Kulisse wäre also symbolisch durchaus passend.

Von der Leyen und Trump sind an diesem Samstag beide in Rom, um dem verstorbenen Papst Franziskus die letzte Ehre zu erweisen. Insofern läge es nahe, diese Gelegenheit für ein persönliches Gespräch zu nutzen. Dass die Kommissionspräsidentin sich das wünschen würde, haben Sprecher ihrer Behörde in den vergangenen Tagen klargemacht. Die Frage ist: Hat Trump dazu Lust?

Abgesandte der EU-Institutionen bekommen derzeit in Washington keine Termine

Denn während etliche europäische Staats- und Regierungschefs Trump seit dessen zweitem Wahlsieg im November in den USA getroffen haben, hat von der Leyen seitdem nur mit dem Amerikaner telefoniert. Das scheint eine generelle Linie der neuen US-Regierung zu sein: Persönliche Begegnungen in Washington mit Politikern aus Europa sind auf bilateraler Ebene in Ordnung, Abgesandte der EU-Institutionen wie von der Leyen oder die europäische Außenbeauftragte Kaja Kallas bekommen hingegen derzeit keine Termine. Mit einer blauen EU-Flagge im Hintergrund wollten Trump und seine Minister sich momentan offenbar lieber nicht fotografieren lassen, sagt ein Diplomat in Brüssel.

Bis Freitagnachmittag stand in Trumps Terminkalender nichts von einer Zusammenkunft mit Kolleginnen oder Kollegen in Rom. Das allerdings schließt nicht aus, dass es nicht am Rande der Feierlichkeiten zu dem einen oder anderen Treffen kommen kann, das über Händeschütteln und etwas Geplauder hinausgeht. Neben von der Leyen hat auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sein Interesse an einem Gespräch mit Trump angemeldet – ebenfalls mit ungewissen Aussichten, ob es stattfinden wird.

Was von der Leyen Trump gerne persönlich sagen würde, liegt auf der Hand. Zum einen will die Kommissionspräsidentin dem Amerikaner erklären, warum seine umfassenden Zölle gegen die EU falsch sind und auf beiden Seiten des tief integrierten transatlantischen Wirtschaftsraums großen Schaden anrichten können. Von der Leyen, deren Behörde für die europäische Handelspolitik zuständig ist – und damit auch für eventuelle Vergeltungsmaßnahmen gegen Trumps Zölle –, hat bereits Vorschläge für mögliche Kompromisse in dem Zollstreit unterbreitet.

Europa könnte zum Beispiel mehr amerikanisches Flüssiggas kaufen, oder beide Seiten könnten die Zölle für Industriegüter auf null senken, so das Angebot. Bisher, so wird in Brüssel geklagt, würden Abgesandte der EU in Washington aber eben nicht von den Leuten empfangen, die tatsächlich Entscheidungen treffen.

Eine dringliche Botschaft zur Ukraine

Da am Ende in Washington nur Trump Entscheidungen trifft, wäre ein Gespräch mit ihm für von der Leyen daher wertvoll. Auch wenn es keine Einigung bringt, könnte die Kommissionspräsidentin dabei zumindest einen Eindruck gewinnen, was die USA eigentlich mit ihren Zöllen bezwecken und wo Kompromisse denkbar sein könnten.

Zum anderen will von der Leyen Trump mit Blick auf die Ukraine wohl das sagen, was praktisch alle Europäer allen amerikanischen Gesprächspartnern seit Monaten zu vermitteln versuchen: In dem Krieg ist Russland der Aggressor, der nicht durch einen Diktatfrieden zulasten der Ukraine belohnt werden darf. Die Europäer unterstützen Trumps Bemühungen um einen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland, betonen aber, eine anschließende Friedenslösung müsse „gerecht und dauerhaft“ sein.

Das bedeutet in der Praxis: Pläne wie die aus dem Weißen Haus, Russland die annektierte Krim und Teile der Ostukraine zuzusprechen oder die Mitgliedschaft in der Nato förmlich zu verwehren, sind aus europäischer Sicht nicht akzeptabel.

Das gilt auch für Selenskijs Sicht. Der Ukrainer, der von Trump immer wieder öffentlich als angeblich nicht friedensbereit gescholten wird, muss befürchten, dass die Präsidenten in Washington und Moskau die Ukraine über seinen Kopf hinweg aufteilen. Auch für Selenskij wäre ein Treffen mit Trump im Rom eine Gelegenheit, vielleicht doch noch Einfluss nehmen zu können.

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