Urananreicherung in Nordkorea:Kim Jong Un lenkt ein

Nordkorea stellt seine Urananreicherung vorerst ein und verzichtet auf Atom- und Raketentests. Das entspannt die Beziehungen zwischen dem kommunistischen Land und dem Westen. Die USA belohnen das Entgegenkommen mit Lebensmittellieferungen. Vor allem für die Monate Mai und Juni befürchten Hilfsorganisationen eine neuerliche Hungersnot in dem verarmten Land.

Paul-Anton Krüger

Nordkorea hat sich laut dem US-Außenministerium bereiterklärt, seine Urananreicherung vorerst einzustellen und auf Atom- sowie Raketentests zu verzichten. Wie eine Sprecherin am Mittwoch in Washington weiter mitteilte, hat Pjöngjang außerdem zugesagt, die Arbeiten in der Atomanlage Yongbyon einzustellen. Der Komplex umfasst neben einem abgeschalteten Forschungsreaktor auch eine Anlage, mit der Plutonium für den Bau von Atomwaffen extrahiert werden kann. Zudem habe das Land zugestimmt, wieder Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ins Land zu lassen, die überwachen sollen, ob die Zusagen umgesetzt werden.

Die USA wollten im Gegenzug Nahrungsmittelhilfe freigeben. Vertreter beider Länder sollen die Details für die Lieferung von 240.000 Tonnen Lebensmitteln festlegen, hieß es weiter. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie deren Verteilung überwacht wird. Washington will vermeiden, dass die Hilfe dem Militär zugute kommt anstatt der notleidenden Zivilbevölkerung. Vor allem in den Monaten Mai und Juni, wenn die Wintervorräte zur Neige gehen, befürchten Hilfsorganisationen eine neuerliche Hungersnot in dem kommunistischen Land.

Die USA äußern zwar "tiefe Besorgnis über das Verhalten Nordkoreas in einigen Bereichen". Zugleich erklärt sich die Regierung in Washington aber bereit, weitere Schritte zu unternehmen, um die bilateralen Beziehungen zu verbessern. Nordkoreas Ankündigung stelle einen "wichtigen, wenn auch begrenzten" Fortschritt dar. Nordkorea erfüllt damit die wichtigste Bedingung der USA, um die seit Ende 2008 unterbrochenen Sechs-Parteien-Gespräche über die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel wieder aufzunehmen. An ihnen sind auch China, Russland und Japan beteiligt.

Glyn Davies, der Sondergesandte von Präsident Barack Obama, hatte vergangene Woche in Peking Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye Gwan zu zweitägigen Gesprächen getroffen. Es war die dritte Verhandlungsrunde nach einem Treffen in Genf und einem weiteren in New York vergangenes Jahr, jedoch die erste nach dem Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il im Dezember und der Machtübernahme durch seinen jüngsten Sohn Kim Jong Un. Davies war am Samstag nach Seoul gereist, um die südkoreanische Regierung zu informieren. Bei einer Pressekonferenz sagte er lediglich, vor einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea müssten sich die beiden Koreas annähern. Angesichts der in Peking getroffenen und inzwischen von Kim Jong Un offenbar gebilligten Vereinbarungen dürfte das auch als Aufforderung an Präsident Lee Myung Bak zu verstehen sein, der bisher in der Nordkorea-Politik eine harte Linie verfolgt hat.

Pjöngjangs Einlenken platzt in den südkoreanischen Wahlkampf für die Parlamentswahl am 11. April. Waren bislang Wirtschaft und Soziales die bestimmenden Themen, könnte nun die Politik gegenüber dem Nachbarn an Gewicht gewinnen. Han Myeong Sook, die Oppositionsführerin von der Demokratischen Einheits-Partei hatte Lee erst am Dienstag eine "unrealistische Nordkorea-Politik" vorgeworfen. Er habe die Isolation verstärkt, aber damit Pjöngjang nur in stärkere Abhängigkeit von China getrieben.

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hatten sich jüngst deutlich verschärft. Der Norden hatte auf ein Manöver Südkoreas und der USA mit Kriegsdrohungen reagiert und betrachtet ein Ende März in Seoul stattfindendes Gipfeltreffen zur Sicherheit von Nuklearmaterial als Provokation. Die meisten Analysten in Seoul hatten daher eher mit Provokationen wie einem Atomtest gerechnet, auch wenn laut der Regierung keine konkreten Hinweise dafür vorlagen.

Seit die USA 1994 Verhandlungen mit Nordkorea über das Atomprogramm aufnahmen, hat Pjöngjang immer wieder auf Provokationen gesetzt, wenn es seine Ziele nicht erreichte oder die USA aus seiner Sicht Zusagen nicht einhielten. Experten in Seoul sehen daher in der Vereinbarung von Peking noch keinen Durchbruch und halten taktische Winkelzüge des Nordens für denkbar.

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