Im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Euro Hawk-Affäre kommen an diesem Montag Vertreter der Rüstungsindustrie zu Wort. Der Chef-Manager für unbemannte Systeme bei Northrop Grumman, Janis Pamiljans, und der Vorstandsvorsitzende der EADS-Rüstungstochter Cassidian, Bernhard Gerwert, stehen den Abgeordneten Rede und Antwort. Beide sind der Auffassung, dass der Stopp des Beschaffungsprogramms für die Aufklärungsdrohne nicht nötig gewesen wäre. Sie halten die Kostenschätzung des Verteidigungsministerium von zusätzlich bis zu 600 Millionen Euro für die Zulassung der Drohne für übertrieben.
Der Euro Hawk ist eine abgewandelte Version der US-Aufklärungsdrohne Global Hawk, die das US-Unternehmen Northrop Grumman herstellt, der sechstgrößte Rüstungskonzern der Welt. Der Hauptunterschied ist die Aufklärungstechnik Isis, mit der der Euro Hawk ausgestattet ist. Hier kommt EADS-Rüstungstochter Cassidian ins Spiel, die das System stellt.
Das Unternehmen stehe weiter voll hinter dem Programm, sagte Vizepräsident Janis Pamiljans vor dem Untersuchungsausschuss. Er widersprach der Schätzung des Ministeriums, dass für eine Zulassung der Aufklärungsdrohne für den deutschen Luftraum bis zu 600 Millionen Euro zusätzlich fällig würden. Stattdessen gehe es um 160 bis 193 Millionen Euro. Eine Garantie, dass dieser Preisrahmen nicht gesprengt würde, wollte er aber nicht geben.
Die Aufklärungstechnik soll auch nach dem Stopp des Euro Hawk weitergenutzt werden. Die Testphase des Projektes läuft deshalb auch bis zum 30. September weiter und wird weitere 3,3 Millionen Euro pro Monat kosten. Das Verteidigungsministerium sucht nun ein anderes Flugzeug, in das Isis eingebaut werden könnte. Im Gespräch sind Informationen von Stern.de zufolge die israelische Drohne Heron TP, der bemannte EADS-Airbus A319 oder eine noch zu entwickelnde EADS-Drohne mit dem Namen Future European Male (Female).
Cassidian-Chef Gerwert hält die Weiterverwendung in einem anderen Flugzeug jedoch noch nicht für gesichert. "Ob alternative Träger genutzt werden können, kann ich zumindest heute nicht sagen", sagte Gerwert im Untersuchungsausschuss.
Verteidigungsminister de Maizière bekommt Rückendeckung der Kanzlerin
Affären im Kabinett Merkel:Das gefährliche Wort vom Vertrauen
Kanzlerin Angela Merkel spricht ihren Mitarbeitern in deren persönlichen Krisen oft ihr "vollstes Vertrauen" aus. Meist müssen diese Mitarbeiter dann bald gehen.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ist für Mittwoch in den Drohnen-Untersuchungsausschuss geladen. Schon vor seiner Aussage hat der angeschlagene Minister nochmals Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel zugesichert bekommen. Merkel vertraue de Maizière "voll" und schätze seine Arbeit sehr, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. "Größeren Rückhalt kann man sich gar nicht wünschen".
Der Minister soll am Mittwoch als Zeuge darüber Auskunft geben, wann und wie er von den Problemen mit der Aufklärungsdrohne erfahren hat. Nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeigers ist Merkel entschlossen, den 59-Jährigen im Amt zu halten. Nach Angaben führender CDU-Politiker habe die Kanzlerin in internen Gesprächen gesagt, dass sie de Maizière unter keinen Umständen ziehen lassen werde. Das gelte auch für den Fall, dass er seinen Rücktritt anbiete. Die CDU-Chefin sehe de Maizière nicht als Belastung für das Kabinett, sondern als dessen Stütze.
De Maizière und die Euro-Hawk-Affäre:Von Merkels Liebling zum Problemfall
Verteidigungsminister de Maizière galt lange als verlässliche Größe in der schwarz-gelben Koalition. Manche sahen in ihm gar den nächsten Kanzler. Doch das gescheiterte Drohnenprojekt "Euro Hawk" setzt ihm zu. Eine Chronologie der Ereignisse seit dem Bekanntwerden der Affäre.
Seit Dezember 2011 sind dem Verteidigungsministerium nach eigenen Angaben massive Probleme bei der Zulassung des Euro Hawk für den europäischen Luftraum bekannt. Am 14. Mai gab das Verteidigungsministerium öffentlich bekannt, dass das Projekt gestoppt wird. Dem Staat - und damit dem Steuerzahler - waren zu diesem Zeitpunkt nach Angaben des Bundesrechnungshofs schon Kosten von 668 Millionen Euro einschließlich der noch ausstehenden vertraglichen Verpflichtungen entstanden, 363 Millionen davon entfallen auf Isis.