Unruheprovinz Belutschistan:Mehr als 60 Tote bei Bombenanschlag vor Klinik in Pakistan

  • Bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag bei einem Krankenhaus im pakistanischen Quetta werden zahlreiche Menschen getötet.
  • Die Opfer sind vor allem Anwälte, die sich dort zu einer Trauerfeier für einen erschossenen Kollegen versammelt hatten.

Bei einem Bombenanschlag vor einer Klinik in der südwestpakistanischen Stadt Quetta sind mehr als 60 Menschen getötet worden. Die Nachrichtenagentur AP sprach unter Berufung auf Arztangaben von 63 Toten.

Die dpa schreibt unter Berufung auf den Gesundheitsminister der Provinz Belutschistan sowie Zählungen der drei größten Krankenhäuser der Stadt sogar von 66. Demnach wurden allein in der betroffenen Klinik 46 Tote registriert, zwei andere Kliniken meldeten 18 beziehungsweise zwei Tote. Weitere Todesopfer könnten in andere Kliniken gebracht worden sein, hieß es.

Die Angaben zu Verletzten variieren stark: Der Direktor des Quetta Civil Hospital, Abdul Rehman, sagte, dort würden 92 Verletzte behandelt, meldet AP. Der Agentur dpa zufolge sollen sogar um die 200 Menschen bei der Explosion verletzt worden sein. Allein im Militärkrankenhaus sprachen Ärzte demnach von etwa 120 Patienten. Rund die Hälfte sei schwer verletzt.

Die Opfer: vor allem Anwälte

Wie groß die Zerstörungskraft der Bombe war, veranschaulichen Aufnahmen pakistanischer Fernsehsender. Sie zeigen Ärzte und Patienten, die in Panik aus den raucherfüllten Gängen des Krankenhauses fliehen. Nach Angaben der Polizei hatte ein Selbstmordattentäter etwa acht Kilogramm Sprengstoff zur Explosion gebracht. Laut Gesundheitsminister Baloch wurden sein Kopf und seine Füße auf einem Dach gefunden.

Der Anschlag traf vor allem vor der Klinik versammelte Anwälte. Sie waren dort zu einer Trauerfeier zusammengekommen, nachdem der Chef der Rechtsanwälte-Vereinigung der Provinz erschossen worden war. Präsident Mamnoon Hussain verurteilte den Anschlag scharf. Die Provinzregierung setzte eine dreitägige Trauerzeit an.

Noch ist unklar, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Der Nachrichtenagentur dpa zufolge bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu dem Anschlag. Eine IS-nahe Quelle sagte, ein IS-Kommandeur habe bereits mehrere Medienhäuser kontaktiert. Eine offizielle Stellungnahme werde bald veröffentlicht. Der pakistanische Sender Geo TV hatte die Nachricht für einige Minuten auf dem Bildschirm-Ticker, löschte sie dann jedoch.

In Pakistan gibt es allerdings viele verschiedene Extremistengruppen. Nach Angaben eines Sprechers des paramilitärischen Grenzkorps, Khan Wasseh, verdächtigen die Behörden aber die Gruppe Lashkar-e Jangvi. Die sunnitische Gruppe ist vor allem für ihre Angriffe auf Schiiten bekannt. Ob unter den Opfern des Anschlags Schiiten waren, war aber zunächst unklar.

Der pakistanische Premierminister Nawaz Sharif verurteilte die Explosion scharf. Er äußerte seine "tiefe Trauer und Qual wegen des Verlusts kostbarer menschlicher Leben". Der Innenminister der Provinz, Sarfraz Bugti, sprach von einem "Terrorakt". Sharif ordnete eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen in Quetta an.

Unsichere Provinz Belutschistan

Quetta ist die Hauptstadt der Provinz Belutschistan, wo es in den vergangenen Jahren mehrere tödliche Anschläge gab. In Belutschistan gibt es mehrere Separatistengruppen, doch sind auch das Terrornetzwerk al-Qaida und andere militante Gruppen dort präsent. Der letzte große Anschlag im Land liegt mehr als vier Monate zurück.

Ende März hatte ein Selbstmordattentäter der Talibangruppe Jamaat ul Ahrar in einem Park der pakistanischen Metropole Lahore mehr als 70 Menschen getötet, darunter Dutzende Kinder. Die Zahl der extremistischen Anschläge ist allerdings seit Anfang 2015 stark zurückgegangen. Nach einem blutigen Anschlag pakistanischer Taliban auf eine Armeeschule im Dezember 2014 hatte die Armee ihre Angriffe auf diese Gruppen verschärft.

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