Süddeutsche Zeitung

Unruhen in Syrien:Propagandashow für Assad

Syriens Präsident Assad lässt auf sein eigenes Volk schießen - trotzdem demonstrieren Zehntausende in Damaskus für den Machthaber. Eine Delegation der Arabischen Liga reist ins Land und lobt danach die "herzlichen und offenen" Gespräche. Die Opposition glaubt nicht mehr an ein Einlenken des Regimes und lehnt Verhandlungen derzeit ab. Die syrische Armee hat große Probleme mit Deserteuren.

In Damaskus haben Zehntausende für den syrischen Präsidenten Baschar el-Assad demonstriert. Auf dem Umajad-Platz in der Innenstadt schwenkten die Menschen Landesfahnen und Porträts von Assad, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Die staatliche Kundgebung stand unter dem Motto "Lang lebe die Heimat und ihr Führer". Der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge riefen die Demonstranten: "Das Volk will Baschar el-Assad!" und "Es lebe das Vaterland und der Chef des Vaterlands!"

Assad traf derweil mit einer Delegation der Arabischen Liga zusammen. Unter der Führung des Ministerpräsidenten von Katar, Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani, legte sie Assad einen Vermittlungsvorschlag im Machtkampf mit der Opposition vor. Das Gespräch sei herzlich und offen verlaufen, sagte der Vertreter von Katar. Am Sonntag wolle man sich zum nächsten Mal treffen. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil el Arabi, sagte, er hoffe, dass die syrische Führung diese Initiative aufgreife und "wirkliche politische Reformen" einleite. Die Arabische Liga hatte zuletzt die Führung in Damaskus dazu aufgefordert, die Gewalt zu stoppen und die Krise durch Gespräche mit Oppositionellen zu lösen.

Beobachtern zufolge gelten die Erfolgsaussichten der Mission aber als gering, weil die syrische Opposition Gesprächte mit dem Regime ablehnt. Es sei "unmöglich", angesichts des derzeitigen Vorgehens der Sicherheitskräfte über einen Dialog zu sprechen, sagte die Sprecherin des Syrischen Nationalrats, Bassama Kodmani. "Selbst wenn die richtigen Rahmenbedingungen für einen Dialog herrschen, wäre der einzige Gesprächspunkt ein Plan zur friedlichen Machtübergabe", sagte sie der Nachrichtenagentur AP. Der Syrische Nationalrat vereint die wichtigsten Oppositionsgruppen im Land.

Die syrische Sicherheitskräfte gingen nach Angaben von Aktivisten unvermindert hart gegen Regimegegner vor. Landesweit seien am Mittwoch 15 Zivilpersonen erschossen worden, teilten das Syrische Observatorium für Menschenrechte mit Sitz in London und andere Menschenrechtsgruppen mit. In der Millionenstadt Homs, die als Hochburg der Proteste gegen Assad gilt, gab es demnach zwölf Tote. Tausende Syrer folgten einem Aufruf der Opposition zu einem Generalstreik. In Homs blieben Anwohnern zufolge die meisten Geschäfte geschlossen.

Deserteure bekämpfen syrische Armee

Die syrische Armee hat unterdessen immer mehr mit schwer bewaffneten Deserteuren zu kämpfen. Bei einem Raketenangriff in der Provinz Hama seien elf Soldaten getötet worden, berichteten syrische Exil-Aktivisten. Bei den Angreifern habe es sich um einen bewaffneten Trupp, wahrscheinlich Deserteure, gehandelt. Die Zahl der Deserteure lässt sich nicht abschätzen, wie auch Informationen aus Syrien meist nicht überprüfbar sind, weil das Assad-Regime eine Mediensperre verhängt hat.

Seit Mitte März demonstrieren in Syrien fast täglich Menschen gegen die Herrschaft Assads. Das Militär geht brutal gegen die Proteste vor - die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Toten auf über 3000. Am 16. Oktober schaltete sich die Arabische Liga ein. Sie schlug eine "Konferenz des nationalen Dialogs" vor, um "eine ausländische Intervention zu vermeiden".

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