Unruhen in Syrien:Regimetreuer Mob attackiert ausländische Botschaften

Eine aufgebrachte Menge hat in Damaskus die Vertretungen Frankreichs und der USA angegriffen. Die Syrer warfen Steine und hissten syrische Flaggen - und protestierten gegen eine Reise der Botschafter in die Protesthochburg Hama.

Anhänger des syrischen Regimes haben in Damaskus Steine auf die Botschaften Frankreichs und der USA geworfen. Sie protestierten damit gegen eine Solidaritätsaktion der Botschafter beider Staaten. Diese waren am Donnerstag vergangener Woche für zwei Tage in die Protesthochburg Hama gefahren. Nach Angaben von Augenzeugen kam durch die Steinwürfe kein Diplomat zu Schaden.

Unruhen in Syrien: Beschädigte US-Botschaft in Damaskus. Knapp 300 Syrer randalierten und riefen Slogans gegen "ausländische Einmischung".

Beschädigte US-Botschaft in Damaskus. Knapp 300 Syrer randalierten und riefen Slogans gegen "ausländische Einmischung".

(Foto: AP)

Die knapp 300 Anhänger von Präsident Baschar al-Assad, die vor der US-Botschaft randalierten, riefen Slogans gegen "ausländische Einmischung". Die Demonstranten hätten Fenster eingeworfen und die syrische Flagge gehisst, berichteten Augenzeugen. Außerdem hätten sie in einem Graffiti den US-Botschafter als "Hund" beschimpft. Auch ein Angriff auf das Wohnhaus des amerikanischen Botschafters wurde nach US-Angaben abgewehrt. Das Gebäude sei gesichert, hieß es.

Wachen der französischen Vertretung setzten Diplomaten zufolge scharfe Munition ein, um die Menge auseinanderzutreiben. Bei dem Angriff auf die französische Botschaft wurden nach Angaben des Pariser Außenministeriums drei Botschaftsangestellte verletzt. Paris verurteilte die Übergriffe scharf.

Die Randalierer seien vom Wachpersonal vertrieben worden, das vor der US-Botschaft Tränengas eingesetzt habe, hieß es. Die syrische Führung, die sich über die Aktion der beiden Diplomaten fürchterlich aufgeregt hatte, ist auch mit dem von ihr initiierten nationalen Dialog bislang wenig zufrieden. Vor allem das Fernbleiben aller bekannten Oppositionellen untergräbt die Glaubwürdigkeit der Veranstaltung, die am Sonntag in Damaskus begonnen hatte.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana zitierte die Präsidentenberaterin Buthaina Schaaban mit den Worten: "Es ist bedauerlich, dass einige Oppositionelle nicht erschienen sind." Die Tür stehe für sie aber immer noch offen. Am Montag, dem zweiten Tag der Konferenz, wurde über ein neues Wahlgesetz und ein Parteiengesetz diskutiert.

Bislang garantiert die Verfassung der Baath-Partei von Präsident Assad eine Führungsrolle. Die Gegner seines Regimes boykottieren den Reformdialog, weil in mehreren Provinzen noch immer auf Demonstranten geschossen wird. Nach Angaben von Menschenrechtlern sind bei den blutigen Unruhen schon mehr als 1750 Menschen getötet worden, darunter etwa 350 Angehörige der Sicherheitskräfte. Außerdem wurden seit Beginn der Proteste Mitte März Tausende mutmaßliche Regimegegner festgenommen und zum Teil schwer misshandelt.

Eine Organisation syrischer Menschenrechtsbeobachter mit Sitz in London meldete, in der Nacht hätten die Sicherheitskräfte die Stadt Homs gestürmt. Ein Zivilist sei getötet worden. Mindestens 20 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Amer al-Sadek, ein Aktivist aus Damaskus, sagte in einem Telefoninterview, in Hama seien nach der Abreise der beiden westlichen Botschafter zahlreiche Menschen festgenommen worden. Scharfschützen hätten mindestens zwei Aktivisten erschossen. Den "nationalen Dialog" bezeichnete er als "Theaterstück ohne jeden Einfluss auf die Ereignisse".

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