Süddeutsche Zeitung

Unruhen in Moldawien:Ein Schuldiger ist gefunden

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Für die moldawische Regierung steht fest: Rumänien ist schuld an den Krawallen. Jetzt muss der rumänische Botschafter das Land verlassen. Die Unruhen gehen weiter.

Der moldawische Präsident Wladimir Voronin sieht das Nachbarland Rumänien als Drahtzieher der gewaltsamen Ausschreitungen gegen den Wahlsieg der Kommunisten. "Wir wissen, dass hinter den Unruhen gewisse Kräfte aus Rumänien stehen", sagte Voronin nach Angaben der Agentur Interfax in der moldawischen Hauptstadt Chisinau.

Der Staatschef kündigte eine Verschärfung der Grenzkontrollen und eine Wiedereinführung der Visapflicht für Rumänen an. Außerdem erklärte Voronin den rumänischen Botschafter in Moldawien zur unerwünschten Person. Der Diplomat müsse innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen. Moldawien gehörte bis 1940 zu Rumänien.

"Unsere Sicherheitsorgane haben 118 Organisatoren der Ausschreitungen festgenommen, aber die Sponsoren des Aufstands haben bereits das Land verlassen", sagte Voronin. Einige Demonstranten hatten am Dienstag rumänische Flaggen auf Staatsgebäuden gehisst. Die Regierung in Rumänien hatte eine Beteiligung zurückgewiesen.

200 Festnahmen nach den Krawallen

Nach den Krawallen in der moldawischen Hauptstadt Chisinau hat die Polizei nach eigenen Angaben knapp 200 Demonstranten festgenommen.

Das konnte die Demonstranten jedoch nicht abschrecken, die Proteste fortzusetzen. Nach den gewalttätigen Protesten vom Vortag versammelten sich erneut rund 400 Demonstranten in der Hauptstadt Chisinau. Die mehrheitlich Jugendlichen kamen nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur AFP auf dem großen Platz neben dem Regierungssitz, der von rund 100 Polizisten bewacht wurde.

An den Grenzübergängen des Nachbarlandes Rumänien versammelten sich derweil rund 280 Menschen, die nach Moldawien einreisen wollten. Wie ein Sprecher der rumänischen Grenzpolizei AFP sagte, verweigerten die moldawischen Grenzer den Wartenden "unter allen möglichen Vorwänden" die Einreise.

Es handelte sich demnach vor allem um moldawische Studenten, die auf rumänische Universitäten gehen. Schon vor der Präsidentenwahl am 5. April hatten die moldawischen Behörden die Einreise rumänischer Staatsbürger behindert. Rumänien hatte dagegen Protest eingelegt.

Rund 200 Menschen waren verletzt worden, etwa die Hälfte davon Polizisten. Bei einem Brand im Parlament in Chisinau war eine Frau ums Leben gekommen. Die Behörden haben die Lage nach eigenen Angaben wieder unter Kontrolle. Die Parlamentswahl am vergangenen Sonntag hatten die regierenden Kommunisten gewonnen.

Präsident Voronin kündigte für den Nachmittag eine Sondersitzung der Regierung an. Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte Besorgnis über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik. Die Forderung nach einer Neuauszählung der Stimmen sei unberechtigt, sagte er in Moskau. Im russischen Parlament begann eine Debatte über die Unruhen.

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dpa/AFP/bica/gba
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