Unruhen im Jemen:Rebellen erobern Präsidentenpalast

Präsidentenpalast in Jemen

Schiitische Rebellen vor dem Präsidentenpalast in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa.

(Foto: dpa)
  • Schiitische Rebellen im Jemen haben den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Sanaa erobert.
  • Die neu aufflammenden Kämpfe sind die schwersten Gefechte seit September 2014.
  • Das Chaos im Land nutzt auch Extremisten von Al-Qaida.

Rebellen stürmen Präsidentenpalast

Schiitische Aufständische im Jemen haben am Dienstag den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle gebracht. Wachen am Amtsitz von Präsident Abd-Rabbu Mansur Hadi sagten, sie hätten das Gelände an Mitglieder der Huthi-Miliz übergeben. Augenzeugen sprachen von heftigen Gefechten im Inneren des Komplexes. Auch in unmittelbarer Nähe des Präsidentensitzes werde gekämpft. Rebellen und Armee hatten erst am Vortag eine Waffenruhe vereinbart.

Informationsministerin Nadia al-Sakkaf verkündete über Twitter, auch das Wohnhaus des Präsidenten werde beschossen. Sie sprach von einem Versuch, die Regierung zu stürzen, ohne ausdrücklich zu sagen, wer dahintersteckt. Aus Regierungskreisen verlautete, Präsident Hadi sei wohlauf. Überprüfbar ist diese Angabe allerdings nicht. Hadi hatte wenige Stunden vor der Eroberung seines Amtssitzes zu einer Einigung im Land aufgerufen: "Wir stehen vor einem Scheideweg, sein oder nicht sein."

Die Rebellen hätten außerdem die Gebäude des Staatsfernsehens und der offiziellen Nachrichtenagentur Saba eingenommen, teilte die Informationsministerin mit. Auch der Sitz des Geheimdienstes ist nach Angaben der Nachrichtenseite Al-Masdar Online in Rebellenhänden.

Die Rebellen sagten kurz nach der Eroberung des Palastes, sie würden keine Regierungsübernahme planen. Die schiitischen Huthi-Rebellen wollen vor der Ausarbeitung einer neuen Verfassung, den Druck auf die sunnitisch dominierte Regierung erhöhen.

Nach ruhigen Monaten flammen Kämpfe wieder auf

Sanaa war bereits am Montag nach mehreren Monaten relativer Ruhe von neuen Kämpfen erschüttert worden. Stundenlang waren Schüsse und Explosionen zu hören. Die schiitische Huthi-Miliz hatte sich dabei in die Nähe des Präsidentenpalastes vorgekämpft und einen Belagerungsring um die Residenz des Präsidenten gezogen. Die neuen Kämpfe sind die schwersten Gefechte seit September.

Die Huthi hatten im September die Hauptstadt eingenommen und waren auch in die sunnitischen Landesteile in der Mitte und im Westen des Landes vorgerückt. Sie fordern mehr Rechte für die Schiiten im Jemen. Am Samstag war der Streit über eine neue Verfassung aufgeflammt, was zu den schwersten Gefechten seit Wochen führte. Mindestens neun Menschen starben.

Durch die Kämpfe spitzt sich der Machtkampf zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und der Regierung zu. Die schiitischen Aufständischen wollen vor der Ausarbeitung einer neuen Verfassung den Druck auf die sunnitisch dominierte Regierung erhöhen.

Extremisten profitieren vom Chaos im Land

Am Wochenende hatten die Huthis den Büroleiter von Staatspräsident Abed Rabbo Mansur Hadi entführt, am Montag lieferten sie sich stundenlange Gefechte mit dem Militär vor dem Präsidentenpalast.

Das Chaos im Land nutzen auch Extremisten für ihre Zwecke. Anhänger der Terrorgruppe Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) sollen im östlich gelegenen Hadramaut-Gebirge fünf Soldaten getötet haben. Bewaffnete hätten mit Maschinengewehren das Feuer auf eine Patrouille nahe der Ortschaft Al-Katan eröffnet. Das Militär vermutet Al-Qaida hinter den Angreifern. AQAP hatte sich auch zum Anschlag auf das französische Satireblatt Charlie Hebdo bekannt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich angesichts der Kämpfe in Sanaa "ernsthaft besorgt" und forderte ein sofortiges ein Ende der Gewalt. Der UN-Sicherheitsrat beriet in New York hinter verschlossenen Türen über die Lage im Jemen. Die Dringlichkeitssitzung war von Großbritannien beantragt worden.

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