Unruhen im Jemen:Regierung und Rebellen nähern sich an

  • Nach der Umstellung des Präsidentenpalastes haben die schiitischen Rebellen und die jemenistische Führung nun offenbar eine Einigung erzielt.
  • Die Rebellen wollen die Ausarbeitung einer neuen Verfassung verhindern.
  • Die Behörden im Jemen hatten zuvor den Flughafen und den Hafen in Aden geschlossen, um gegen die Angriffe auf Präsident Hadi zu protestieren.
  • Aden ist die größte Stadt im Südjemen, in dem schiitische Rebellen für die Unabhängigkeit kämpfen.

Annäherung zwischen Präsident und Rebellen

Im Konflikt zwischen der jemenitischen Führung und schiitischen Aufständischen zeichnet sich offenbar eine Lösung ab. Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi erklärte am Mittwoch, die Huthi-Rebellen hätten das Recht, in allen staatlichen Institutionen vertreten zu sein. Außerdem könne man über einen Verfassungsentwurf nochmals verhandeln. Nach seinen Angaben erklärten sich die Kämpfer im Gegenzug bereit, ihre Kräfte in der Nähe seines Palastes in der Hauptstadt Sanaa abzuziehen. Außerdem solle ein gefangengenommener Mitarbeiter freigelassen werden.

Südjemen zeigt sich solidarisch mit Präsident Hadi

Die jemenitischen Behörden hatten zuvor den zweitgrößten Flughafen des Landes in Aden geschlossen, um den Staatschef Abd Rabbo Mansur Hadi zu unterstützen. Auch der Hafen von Aden wurde dicht gemacht. Damit protestierte der Sicherheitsausschuss der südlichen Provinz Aden nach eigenen Angaben gegen die "Angriffe auf das Symbol der nationalen Souveränität und konstitutionellen Rechtmäßigkeit", den Präsidenten Hadi. Seit Montag war es immer wieder zu heftigen Gefechten zwischen Aufständischen und der Armee gekommen. Dies gipfelte in der Belagerung des Präsidentenpalastes in Sanaa. Zuvor hatten sie bereits den Amtssitz von Regierungschef Khaled Bahah umstellt.

Aden ist die größte Stadt im Südjemen, der von 1967 bis 1990 ein eigenständiger Staat war und in dem Rebellen für die Unabhängigkeit kämpfen. Präsident Hadi stammt ebenso aus dem Süden wie sein Stabschef Ahmed Awad bin Mubarak, den die Huthi-Rebellen am Samstag verschleppten. Sie wollen Änderungen an der künftigen föderalen Verfassung erzwingen, deren Ausarbeitung Mubarak leitet. Die Huthi sehen durch dessen Pläne ein unter UN-Vermittlung erzieltes Abkommen gefährdet, das ihnen mehr Mitsprache in der Regierung gewähren soll.

Präsident und Regierungschef bleiben von Rebellen umstellt

In der Hauptstadt Sanaa herrschte am Mittwoch angespannte Ruhe. Huthi-Rebellen waren vor allem an Stellen postiert, an denen es am Montag und Dienstag Kämpfe gegeben hatte. Präsident Hadi befand sich nach Angaben aus seiner Entourage weiterhin in seinem Wohnsitz im Westen von Sanaa. Der Regierungschef Khaled Bahah hielt sich nach wie vor in seiner von Rebellen umstellten Residenz im Zentrum der Hauptstadt auf, wie Anwohner berichteten.

Am Dienstagabend hatte der junge Rebellenführer Abdel Malek al-Huthi in einer Fernsehansprache erklärt, er sei bereit, sich "allen Maßnahmen" zu stellen, die der UN-Sicherheitsrat beschließen könnte. Diese würden keinerlei Wirkung zeigen.

Der Machtkampf zwischen Sunniten und Schiiten droht das Land zu spalten. Die Schiiten wollen den Druck auf die sunnitisch dominierte Regierung erhöhen und eine Verfassung in ihrem Sinne durchsetzen. Der sunnitisch dominierte Süden bereitete sich auf mögliche Attacken vor.

Auswärtiges Amt verurteilt den Gewaltausbruch

Der UN-Sicherheitsrat hatte zuvor den Angriff auf den Präsidentenpalast in Sanaa und die Belagerung von Hadis Residenz verurteilt. Die 15 Mitglieder erklärten, Hadi sei die "legitime Autorität", und alle müssten sich hinter ihn und seine Regierung stellen, um das Land auf dem Weg zu "Stabilität und Sicherheit" zu halten. Auch der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, verurteilte die "erneute Gewalt im Jemen, in der Hauptstadt Sanaa und ganz besonders die Besetzung des Präsidentenpalastes durch Truppen der Huthis auf das Schärfste". Die Konfliktparteien seien aufgefordert, "wirklich alles zu unterlassen, was zu einer weiteren Erhöhung der Spannung beitragen und weitere Menschenleben gefährden" könne.

Schwerste Kämpfe seit September

Jemens Ex-Präsident Ali Abdullah Salih, der nach Protesten Anfang 2012 sein Amt niederlegen musste, drängte seinen Nachfolger Hadi dazu, Neuwahlen abzuhalten. Der einstige Langzeitherrscher hofft auf eine Rehabilitierung im Land. Die UN hatten im November Sanktionen gegen Salih verhängt; er soll das Chaos im Land geschürt haben. Abdul Malik al-Huthi, Anführer der Rebellenbewegung, hatte Salihs Nachfolger Hadi am Dienstagabend vorgeworfen, die Umsetzung eines im September ausgehandelten Friedensabkommens verzögert zu haben. Hadi würde die Macht im Land ganz auf sich vereinen wollen, sagte Al-Huthi in einer Fernsehansprache. Regierung und Rebellen hatten sich im September auf einen Waffenstillstand geeinigt, nachdem 30 000 Huthi-Anhänger in wenigen Wochen Sanaa eingenommen hatten.

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