Finnland erhöht den Druck auf die Bundesregierung, sich zügig um die Rettung des taumelnden Energiekonzerns Uniper zu kümmern. Es gehe um Tage, maximal ein paar Wochen, sagte die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen in Berlin. Uniper ist der größte Gashändler in Deutschland, gehört aber zu 78 Prozent dem finnischen Konzern Fortum, an dem wiederum der Staat Finnland mit knapp 51 Prozent beteiligt ist. Da Uniper vor allem Deutschland mit Gas versorgt, gibt es in Helsinki wenig politisches Interesse daran, finnisches Steuergeld zur Rettung einzusetzen.
Am Donnerstag reiste deshalb Tytti Tuppurainen zu Verhandlungen nach Berlin. Medienberichten zufolge wollte sie sich unter anderem mit Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt treffen. Seitens der Bundesregierung hieß es, man werde dieses Treffen weder dementieren noch bestätigen. Der zuständige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war definitiv nicht in Präsenz dabei, weil er sich nach einem positiven Corona-Test ins häusliche Isolation begeben hat.
Nach SZ-Informationen soll Tuppurainen ohne offizielle Einladung und ohne eine feste Gesprächsagenda nach Berlin gekommen sein. Das wäre ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, zumal unter EU-Partnern. Die Bundesregierung wollte sich nicht zum Inhalt der laufenden Gespräche äußern. Dem finnischen Sender YLE sagte Tuppurainen: "Die Verhandlungen sind in einer heißen und sensiblen Phase."
Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch Vizekanzler Habeck haben ein unmissverständliches Versprechen abgegeben, Uniper zu helfen. Darauf könnten sich das Unternehmen, die Belegschaft, aber auch alle Deutschen verlassen, sagte Scholz. Ein Sprecher Habecks räumte ein: "Das ist keine Liebesheirat".
Die Bundesregierung befindet sich hier in einem Dilemma: Eine Insolvenz von Uniper hätte mutmaßlich fatale Folgen für die Energieversorgung. Andererseits betreibt der finnische Mutterkonzern von Uniper unter anderem ein Atomkraftwerk in Schweden und ist an Kohlekraftwerken in Russland beteiligt. Ein Rettungsplan mit deutschen Steuergeldern wirft deshalb auch in Habecks Partei Fragen auf. Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter sagte der Süddeutschen Zeitung: "Man muss es so regeln, dass öffentliche Gelder nicht missbraucht werden."
Uniper ist wegen langfristiger Lieferverträge mit deutschen Stadtwerken und Industriebetrieben in finanzielle Nöte geraten. Das Unternehmen muss derzeit Gas zu Preisen einkaufen, die es von seinen Kunden nicht verlangen kann. Theoretisch könnte die Bundesregierung Uniper auch durch die Erlaubnis stabilisieren, seine überteuerten Einkaufspreise an die Verbraucher weiterzugeben. Das ist einer der Vorschläge der finnischen Seite. Scholz und Habeck wollen das den Deutschen aber offenbar nicht auch noch zumuten.
Fest steht, dass nicht nur die Finnen drängeln. Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte der SZ, eine pragmatische Lösung mit der finnischen Seite müsse nun "sehr schnell umgesetzt werden, um auf eine mögliche dauerhafte Abschaltung von Nord Stream 1 vorbereitet zu sein".