Unionskanzlerkandidat:Völlig schwerelos

Konstituierende Sitzung des neuen Bundestags

Laschet und sein Handy-Trick.

(Foto: Michael Kappeler/picture alliance/dpa)

Armin Laschet ist zuletzt nicht viel geglückt. Doch beim Telefonieren versetzt er alle in Staunen.

Von Boris Herrmann

Die Schwerkraft ist überbewertet, sang der Popmusiker Peter Licht. Der Politiker Armin Laschet würde sich dem Urteil wohl nicht uneingeschränkt anschließen. Er hat in den zurückliegenden Monaten eine besondere Spielart der Erdanziehung kennengelernt, nämlich jene, die aussichtsreiche Kanzlerkandidaten herunterzuziehen vermag bis in die zweite Reihe des Bundestags.

An Laschets erstem Arbeitstag als sogenannter Hinterbänkler sind aber Fotos entstanden, die den Betrachter tatsächlich an den gängigen Gravitationsgesetzen zweifeln lassen. Da ist ein Armin Laschet zu sehen, der freihändig telefoniert, indem er seinen Kopf leicht schräg hält, aber wirklich nur leicht. Sein Handy liegt dabei halb auf dem Ohr, halb auf der Backe, ohne dass er es festhalten muss. Wer an seinem Smartphone hängt, sollte keinesfalls auf die Idee kommen, die Szene zu Hause nachzustellen.

Der erste Gedanke ist natürlich: Photoshop. Einige dieser Bilder wurden jedoch von offiziell akkreditierten Fotografen über die Agenturen verschickt. Laschets Handy-Trick ist also echt. Im Übrigen bestätigen mehrere Augenzeugen, die den gemächlich aus dem Amt scheidenden CDU-Chef gut kennen, dass er regelmäßig so telefoniert. Manchmal, so heißt es, benutze er seine freien Hände, um auf einem zweiten Smartphone parallel SMS zu tippen oder einen seiner geliebten Zigarillos zu rauchen. Und Laschet scheint das Kunststück nicht nur im Sitzen zu beherrschen. Er wurde auch schon dabei gesichtet, wie er mit dem Handy auf der Backe durch einen Aachener Garten stolzierte. Beruflich hat Laschet fast alles verloren, aber er bleibt ein Mensch, der zum Staunen anregt.

Erstmals aktenkundig wurde sein schwereloser Umgang mit der Mobiltelefonie während der zweistündigen Pause einer digitalen Ministerpräsidentenkonferenz in der Osterzeit. Damals konnten alle Teilnehmer Laschet dabei zusehen, wie er vor dem Bildschirm mit leicht schräger Kopfhaltung und handybedecktem Ohr Akten zeichnete. Manche spielen in solchen Momenten "Candy Crush", andere balancieren iPhones.

Die Vermutung, dahinter stecke eine Geheimhalterung, mit der Laschet das Gerät an seinem Brillenbügel befestige, weisen Vertraute zurück. Keiner könne sich erklären, wie das funktioniere, sagt einer. "Er legt das einfach längere Zeit auf seine Wange und dann hält das." Es hält und hält und hält.

Auch die geschäftsführende Bundeskanzlerin pflegte bekanntlich eine spezielle Beziehung zu ihrem Handy. Der Mann, der sie beinahe beerbte, hätte in dieser Disziplin noch einmal ganz neue Maßstäbe setzen können. Hätte.

Die jüngsten Laschet-Fotos von der Bundestagshinterbank erweckten nicht zuletzt den Eindruck: Die Leichtigkeit des Seins als einfacher Abgeordneter ist unterbewertet.

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