Süddeutsche Zeitung

Politbarometer:Union stürzt in Umfrage ab

CDU und CSU verlieren in der Projektion der Forschungsgruppe Wahlen sieben Prozentpunkte. Bei der Frage nach der politischen Stimmung liegen sie sogar hinter den Grünen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Einen derartigen Absturz hat es in der Geschichte des "Politbarometers" noch nie gegeben. In der neuen Projektion der Forschungsgruppe Wahlen verlieren die Unionsparteien sieben Prozentpunkte - sie kommen jetzt nur noch auf 28 Prozent. Die Grünen legen dagegen um vier Punkte zu und rangieren jetzt bei 23 Prozent. Die SPD kommt auf 15, die AfD auf zwölf, die FDP auf neun und die Linke auf sieben Prozent. Noch dramatischer ist der Wechsel in der politischen Stimmung - das sind grob gesagt die ungewichteten Rohwerte der Umfrage. Hier haben die Grünen (28 Prozent) die Union (27 Prozent) sogar überholt. Bei der letzten Erhebung Ende Februar lagen die Grünen noch zwölf Punkte hinter der Union.

In die Projektion der Forschungsgruppe Wahlen gehen - anders als bei den Zahlen zur politischen Stimmung - auch Erkenntnisse über die langfristige Stabilität im Wählerverhalten ein. Überzeichnungen in der aktuell gemessenen politischen Stimmung werden herausgerechnet. Außerdem werden Faktoren wie die geringere Bekenntnisbereitschaft von Anhängern radikaler Parteien berücksichtigt. Die Projektion liegt deswegen näher an tatsächlichen Wahlergebnissen als die Werte der politischen Stimmung.

Bei der Kanzlerfrage liegt Söder klar vor Laschet

Aber egal, welchen Wert man betrachtet: Die Union ist damit - nachdem sie zwischenzeitlich sogar die 40-Prozent-Marke erreicht hat - wieder auf ihr schlechtes Vor-Corona-Niveau zurückgefallen. Das dürfte die Debatten in der Union darüber befeuern, ob der Kanzlerkandidat nicht schneller als vorgesehen gekürt werden sollte. Außerdem mehren die neuen Zahlen die Zweifel, ob CDU-Chef Armin Laschet auch der richtige Kanzlerkandidat wäre. Ausweislich der Umfrage beurteilen die Bürger Laschet deutlich schlechter als Ende Februar. Er kommt - auf einer Skala von plus bis minus fünf - jetzt nur noch auf einen Wert von 0,1. CSU-Chef Markus Söder liegt dagegen bei 1,2. Auch unter Unionsanhängern liegt Söder weit vor Laschet (3,3 zu 1,4).

Der Unterschied zeigt sich auch an einer anderen Stelle: Laut Umfrage hat Söder für 56 Prozent der Deutschen die Eignung fürs Kanzleramt. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kommt auf 39, Grünen-Chef Robert Habeck auf 28, seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock auf 25 - Laschet dagegen nur auf 23 Prozent.

An der Spitze der Liste der wichtigsten Politiker liegt weiterhin Bundeskanzlerin Angela Merkel. Aber auch sie hat an Rückhalt verloren. Das liegt vor allem daran, dass der Unmut in der Bevölkerung über das Corona-Krisenmanagement gewachsen ist. Die gemeinsame Arbeit von Bund und Ländern in der Corona-Krise bewerten jetzt 55 Prozent aller Deutschen kritisch. Nur noch 38 Prozent beurteilen sie positiv, Ende Februar waren es noch 52.

Der Unmut dürfte sogar noch größer sein, als in der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ausgewiesen. Denn das Institut hatte die 1030 zufällig ausgewählten Teilnehmer zwischen dem 23. und 25. März befragt. In die Erhebung sind die Auswirkungen des Fiaskos um die Osterruhe deshalb nur zum Teil eingegangen. Bundeskanzlerin Merkel hatte am 24. März die Entscheidung zur Osterruhe zurückgenommen und sich entschuldigt.

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