Ungeklärte Seehofer-Nachfolge:Kopflos in Berlin

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Die CSU findet und findet keinen, der Agrarminister in Berlin werden will oder kann. Die Bürger dürfen sich gerne veralbert vorkommen.

Thorsten Denkler

Seit knapp drei Wochen weiß Horst Seehofer: Er wird Ministerpräsident in Bayern. Somit weiß er seit knapp drei Wochen, dass er sein Ministeramt in Berlin aufgeben wird und ergo ein Nachfolger, respektive eine Nachfolgerin hermuss.

Das war einmal: Horst Seehofer als Landwirtschaftsminister. Einen Nachfolger gibt es noch immer nicht. (Foto: Foto: ap)

Am Montag in der Früh hat Seehofer seine Entlassungsurkunde aus der Hand des Bundespräsidenten bekommen. Aber geschehen ist bisher: Nichts. Immer wieder sickern Namen durch, mehr Spekulationen als Handfestes. Immer wieder wird der Zeitpunkt verschoben, zu dem der/die Neue der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte. Zuletzt hieß es, an diesem Montag solle endlich der Tag sein. Jetzt scheint sich die Entscheidung bis Mitte der Woche zu verzögern.

Die scheinbare Ruhe irritiert. In der Regel sind Ministerposten schon nachbesetzt, bevor der Amtierende weiß, dass er gehen muss. Und das zu Recht. Die Bürger wollen wissen, wer sie regiert. Politik sollte in der Lage sein, personelle Lücken gar nicht erst entstehen zu lassen.

Jetzt führt erst mal ein Beamter die Geschäfte des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Staatssekretär Gert Lindemann. Nichts gegen Lindemann, aber dieser Vorgang ist ein Armutszeugnis für die CSU.

Verdeckt von der Finanzkrise und den gewaltigen Umbrüchen in der Bayern-CSU scheint irgendjemand vergessen zu haben, dass es da in Berlin noch einen Job zu erledigen gibt.

Der, der es hätte machen müssen, CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, hat schon früh signalisiert, dass er auf den Posten wenig Lust hat. Den anderen, die im Gespräch sind oder waren, fehlt es entweder an Kompetenz oder an politischer Erfahrung. Oder auch am Willen.

Weniger als ein Jahr wird die Amtzeit des neuen Würdenträgers dauern. Kein Wunder, dass da manche zurückschrecken. Sollte die Union die Wahl verlieren, will keiner der jungen Hoffnungsträger auf der Seite der Schuldigen stehen. Die Zeit wird zudem kaum reichen, sich und das Amt für den Wahlkampf herauszuputzen. Dabei hätte das die CSU dringend nötig.

Das Amt ist immens wichtig für die CSU und die Union insgesamt. Die Bauern gehören zur wichtigsten Stammklientel der Konservativen. Wer sie - wenn auch nur wenige Wochen - ohne politische Leitfigur lässt, der darf sich nicht wundern, wenn auch hier die Stammwählerschaft das Wählen lässt. Umso verwunderlicher, dass die CSU immer noch keinen Personalvorschlag hat.

Zumal personelle Erneuerung nach Seehofers Abgang von der Berliner Bühne mehr als anzuraten ist. Wirtschaftsminister Michael Glos wird inzwischen sogar von Parteifreuden als Totalausfall bezeichnet.

Es braucht ein neues Zugpferd in Berlin, damit erst die Europawahl und dann die Bundestagswahl heil überstanden werden können. Das kann Horst Seehofer nicht alles alleine machen. Aber offenbar fehlen der CSU im Moment die Leute.

Gut Ding will Weile haben, weiß der Volksmund. Hier aber ist der Weile schon genug, und gut Ding ist nicht zu erkennen.

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