Ungarn:Wenn er nur will

Orbán hat der Opposition und der EU gezeigt, wie weit er gehen kann.

Von Peter Münch

Am 20. Juni soll in Ungarn der Spuk vorbei sein: Das Coronavirus wird es dann zwar noch geben, aber der Corona-Notstand soll enden und damit auch die Zeit, in der Ministerpräsident Viktor Orbán sein Land alleine per Dekret regieren kann. Freudig begründet Orbán dies mit den durchgreifenden Erfolgen seiner Seuchenbekämpfung. Feixend verweist er auf die Kritiker, die ihm mit Blick auf die Notstandsgesetze eine Aushebelung der Demokratie vorgeworfen hatten.

Viktor Orbán als verfolgte Unschuld? Ungarn als lupenreine Demokratie? Dies ist das Bild, das die Budapester Regierung nun verbreiten will. Doch in Wirklichkeit handelt es sich hier um eine böse Posse im Schatten der Pandemie. Orbán kann auch ohne Sondervollmachten mit seiner Zweidrittelmehrheit im Parlament nach Gutdünken schalten und walten. Mit den Notstandsgesetzen aber, die ohne zeitliche Befristung verabschiedet wurden, hat er der Opposition im Land und den Partnern in der EU gezeigt, wie weit er gehen kann, wenn er nur will. Es war eine Machtdemonstration, die er nun in all seiner Machtfülle wieder beendet.

Entlarvt hat Orbán damit aber nicht seine Kritiker, sondern sich selbst. Denn mit der Demokratie spielt man nicht. Er aber hat den Rechtsstaat und die Gewaltenteilung wieder einmal zur Verfügungsmasse gemacht.

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