Ungarn:Und sie schämen sich nicht

Wie Viktor Orbáns "christliche Demokratie" wirklich ist.

Von Peter Münch

In Ungarn wird die Armut nicht mehr bekämpft, sondern verboten. Handschellen werden dabei zum Mittel der Sozialpolitik. Als Erster bekam das nun ein armer Mensch in der Kleinstadt Gödöllö zu spüren, der von Polizisten auf einer Parkbank aufgegriffen und gefesselt vor Gericht geführt wurde. Sein Vergehen: Obdachlosigkeit.

Per Gesetz ist es im EU-Land Ungarn seit Beginn dieser Woche verboten, auf der Straße zu leben. Die mit Zweidrittelmehrheit regierende Fidesz-Partei stellt ihr Vorgehen zwar als Hilfsprogramm dar, mit dem die Obdachlosen vor Wind und Wetter geschützt werden sollen. Doch angesichts eines Mangels an Heimplätzen für Wohnungslose bleibt vielen nichts anderes als ein Schlafplatz im Park, unter den Donaubrücken oder in der U-Bahn-Unterführung. Wer dort erwischt wird, dem droht eine Gefängnisstrafe oder die Verurteilung zu gemeinnütziger Arbeit.

Im Reich von Regierungschef Viktor Orbán wird damit die Politik der systematischen Ausgrenzung fortgesetzt. Erst traf es die Flüchtlinge, die pauschal unter Terrorverdacht gestellt wurden. Dann kamen die Roma an die Reihe, die von einem Ideologen des Regimes als "Tiere" beschimpft wurden. Nun wird auch noch die Not kriminalisiert. So sieht sie also aus, die von Orbán proklamierte "christliche Demokratie".

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