Ungarn und Russland:Was Orbán mit seinem Besuch bei Putin bezweckt

Ungarn und Russland: Pflegt demonstrativ ein gutes Verhältnis zu Moskau: der ungarische Premier Viktor Orbán.

Pflegt demonstrativ ein gutes Verhältnis zu Moskau: der ungarische Premier Viktor Orbán.

(Foto: Angel Navarrete/imago images/El Mundo)

Mitten im Ukraine-Konflikt reist Ungarns Premier nach Moskau - und hält sich dort auffällig zurück.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Viktor Orbán hat den russischen Präsidenten im vergangenen Jahrzehnt schon fast ein Dutzend Mal getroffen, mal in Moskau, mal in Budapest. Diesmal waren es vor allem zwei Fragen, die man sich im Westen stellte: Würde sich Viktor Orbán, der demonstrativ ein gutes Verhältnis zu Moskau pflegt, mit seinem Besuch gegen die EU stellen, würde er polarisieren und die ohnehin wackelige westliche Einheit im aktuellen Konflikt zwischen der Nato und Russland untergraben? Und würde sich Putin, das erste Mal seit Längerem, öffentlich zum massiven Truppenaufbau an der ukrainischen Grenze äußern?

Auf der Pressekonferenz nach dem Treffen hielt sich der Ungar merklich zurück; die Sache sei kompliziert, aber man werde sicher eine Lösung finden. Es war Wladimir Putin, der sich ausführlich äußerte: Russische Sicherheitsinteressen würden ebenso ignoriert wie künftige Bedrohungen. Sollte die Ukraine etwa der Nato beitreten und dann die Krim, "souveränes russisches Territorium", angreifen, "sollen wir dann Krieg gegen die Nato führen?".

Vor der Reise hatte die ungarische Regierung viel dazu getan, die wachsende Besorgnis in Brüssel, bei der EU und bei der Nato, anzuheizen. Denn nachdem es ursprünglich um Gaslieferungen, den Ausbau des mit russischen Milliarden und russischer Technik geplanten Atomkraftwerks Paks und andere Wirtschaftsthemen hatte gehen sollen, kündigte Orbán an, er werde in Moskau nun doch auch über die europäische Sicherheitsarchitektur reden. In seiner freitäglichen Radiosendung ließ er zwar wissen, natürlich werde er sich mit den Verbündeten abstimmen. Aber Ungarn sei vor allem an "ausgewogenen Wirtschaftsbeziehungen" zu Moskau interessiert.

Ungarns Premier schade der EU, "wo er nur kann"

Bei dem Treffen mit Putin sagte Orbán dann laut ungarischen Medien, er sei froh, im vergangenen Herbst mit Moskau ein russisch-ungarisches Gaslieferabkommen mit einer Laufzeit bis 2036 unterzeichnet zu haben; nun wolle man über eine noch größere Liefermenge verhandeln. Außerdem dankte er Putin für die Lieferung des Corona-Impfstoffs Sputnik V. Ungarn ist das einzige EU-Land, das mit dem russischen Vakzin impft. Parallel zu den freundschaftlichen Tönen in Moskau meldete sich in Budapest Verteidigungsminister Tibor Benkő zu Wort: Der Zeitung Magyar Nemzet sagte er, es bestehe keine unmittelbare Kriegsgefahr. Die Stationierung weiterer Nato-Soldaten in Ungarn lehne man ab.

Der Politikwissenschaftler Péter Krekó vom Thinktank Political Capital in Budapest nannte Orbán angesichts von dessen "Anbiederung an Putin" Russlands "verlängerten außenpolitischen Arm in der EU". Tatsächlich hat Orbán immer wieder die Unterschrift unter gemeinsame Resolutionen der EU verweigert, wenn sich diese etwa kritisch mit Moskaus Unterdrückung der Zivilgesellschaft auseinandersetzten. Er kritisierte Sanktionen wegen der Annexion der Krim und schwächte russlandkritische Positionen der Visegrád-Gruppe ab.

Der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund sagte in Brüssel, Orbáns Besuch in Moskau folge einem "eiskalten Kalkül". Er demonstriere der EU, dass er nicht auf sie angewiesen sei. Ungarns Premier schade ihr, "wo er nur kann".

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