Süddeutsche Zeitung

Ungarn-Besuch:Netanjahu schimpft über die EU

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist derzeit im EU-Mitgliedsstaat Ungarn zu Gast - und teilt offenkundig die europakritische Haltung von Ungarns Premier Viktor Orbán: In einem Gespräch, das Netanjahu für privat hielt, schimpfte er auf die Israel-Politik der EU. Da sein Mikrofon jedoch noch eingeschaltet war, hörten Journalisten im Nebenraum alles mit.

Die EU sei "verrückt", weil sie eine Lösung des Nahost-Konflikts verlange, bevor es engere Beziehungen zu Israel geben könne, sagte Netanjahu da am Rande eines Gipfeltreffens von Amtskollegen aus Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Polen. "Die Europäische Union ist die einzige Vereinigung von Ländern weltweit, die ihre Beziehungen mit Israel (...) an politische Bedingungen knüpft", zitiert ihn die israelische Zeitung Haaretz. Damit bezog er sich offenbar auf technologische Kooperationen, die die EU von der Schaffung der Voraussetzungen für Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern abhängig gemacht habe.

Er verwies auf Russland, China und Indien, die bereit seien, ohne Bedingungen mit Israel Geschäfte zu machen. Mit dieser Haltung untergrabe Europa seine eigene Sicherheit, sagte Netanjahu. Dabei hänge es von den Beziehungen zu Israel ab, ob die EU "lebt und gedeiht oder verkümmert und verschwindet".

Netanjahu räumt Bombardement iranischer Militärkonvois in Syrien ein

In dem versehentlich übertragenen Gespräch waren auch andere pikante Details zu hören: Unter anderem räumte Netanjahu ein, dass Israel bereits mehrfach iranische Militärkonvois in Syrien angegriffen habe.

Die Beziehungen zwischen der EU und Israel sind seit Jahren angespannt. Die israelische Regierung befindet, dass die EU ihre Politik zu scharf kritisiert, dabei aber gegenüber den Palästinensern zu große Milde walten lässt. Tatsächlich hat die EU den israelischen Siedlungsbau immer wieder verurteilt.

In einer Erklärung vor den Medien nach dem Treffen stimmte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán seinem Kollegen aus Israel zu. Die EU müsse die Beziehungen zu Israel rationaler betrachten und sie verbessern, sagte Orbán. Schließlich sorge das Land für Stabilität im Nahen Osten.

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