Filmindustrie:Schwule Helden auf hoher See

Filmindustrie: Man kann es nicht allen recht machen. Das Außenministerium der Philippinen hat Vorführungen des Films "Uncharted" mit Tom Holland und Sophia Taylor Ali gestoppt.

Man kann es nicht allen recht machen. Das Außenministerium der Philippinen hat Vorführungen des Films "Uncharted" mit Tom Holland und Sophia Taylor Ali gestoppt.

(Foto: Clay Enos/dpa)

Warum es immer komplizierter wird, Unterhaltungsfilme für die ganze Welt zu drehen.

Von David Pfeifer, Bangkok

Wie attraktiv ein Land international wahrgenommen wird, ob es Reise- oder Migrationsbegehrlichkeiten auslöst, wird allgemein als Softpower bezeichnet. Südkorea ist in Asien derzeit Spitzenreiter, was Softpower angeht. Die ganze Welt sieht südkoreanische Serien und tanzt zu K-Pop. Die USA sind seit Jahrzehnten die Supermacht der Softpower. Hollywood hat vermutlich mehr für das Image des Landes getan als alle Außenminister zusammen. Wer zum ersten Mal New York besucht, hat das Gefühl, vieles zu kennen, wenn auch nur aus dem Kino. Und vielleicht liegt es daran, dass es in jüngerer Zeit immer häufiger vorkommt, dass politische Befindlichkeiten berührt werden, wenn es eigentlich nur um Entertainment geht.

So hat das Außenministerium der Philippinen in dieser Woche die Vorführungen der Action-Abenteuer-Videospiel-Adaption "Uncharted" gestoppt, auch in Vietnam läuft der Film nicht mehr. Zwei Sekunden lang ist darin ein Abbildung des Südchinesischen Meeres zu sehen, auf der man die sogenannte Neun-Strich-Linie erkennen kann. Sie markiert die Ansprüche Chinas an der wichtigen Wasserstraße und "widerspricht den nationalen Interessen" der Philippinen, wie das Außenministerium in einer Erklärung bekannt gab. Die Linie ist tatsächlich geformt wie ein Beutel, in dem große Teile des Meeres eingesackt werden. Auch wer in Erdkunde nicht aufgepasst hat, kann erkennen, dass die Philippinen, Vietnam, Taiwan, Brunei und Malaysia völlig zu Recht Ansprüche auf dieses Gebiet anmelden.

Laut dem Urteil eines Schiedsgerichts in Den Haag aus dem Jahr 2016 sind die Ansprüche Chinas auf die gesamte Wasserstraße, durch die jährlich ein Handelsvolumen von rund drei Billionen US-Dollar fließt, ungültig. Peking erkennt das Urteil nicht an. China ist ein großer Markt, auch für Filmstudios. Es wäre also denkbar, dass die Produzenten sich für eine Karte entschieden haben, die der dortigen Zensur nicht missfällt.

Man kann es nicht allen recht machen. Das erlebten in der vergangenen Woche die Produzenten der Comic-Verfilmung "Doctor Strange in the Multiverse of Madness". Die Fortsetzung der Spezial-Effekt-Extravaganza, in der Benedict Cumberbatch als Superheld die Realität verbiegen kann, wurde im wahren Leben in Saudi-Arabien und Kuwait verboten, noch bevor sie startete. Laut dem US-Branchenblatt The Hollywood Reporter sorgt sich die Zensur in diesen Ländern um eine Teenager-Figur namens America Chavez, eine Latina, die in den Comic-Vorlagen lesbisch ist. Da Homosexualität in der Golfregion offiziell verboten ist, scheitern Filme mit LGBTQ-Bezügen häufig an der Zensur. Gleichzeitig kann man in den USA für ein jüngeres Publikum quasi keine Blockbuster mehr produzieren, die nicht ein diverses Personal anbieten, mit dem sich alle Ethnien und Neigungen identifizieren können. Der Comic-Verfilmung "The Eternals" war es vor einigen Monaten ebenso gegangen. Darin gab es nicht nur ein gleichgeschlechtliches Paar zu sehen, sondern auch noch einen schwulen Superhelden.

Es wird also komplizierter, Blockbuster für die ganze Welt zu drehen, auch für Hollywood. Was man allerdings auch festhalten kann: Ihre Softpower steigern Länder wie China, Saudi-Arabien und Kuwait auf diese Weise nicht.

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