Unabhängige Kommission:Kirche soll Missbrauch schneller aufarbeiten

Zehn Jahre nach der Aufdeckung: Aufklärer kritisieren, dass es immer noch an der Übernahme von Verantwortung fehle.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat zehn Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche eine raschere Aufarbeitung gefordert. "Wir sehen, dass es in vielen Institutionen heute noch an Verantwortungsübernahme und Anerkennung fehlt für das Unrecht, das betroffene Menschen in ihnen erleiden mussten", sagte Kommissions-Mitglied Christine Bergmann am Montag in Berlin. Aufarbeitung, sagte die frühere Bundesfamilienministerin, sei eine unverzichtbare Grundlage für Prävention: "Es muss geklärt werden, warum sexueller Kindesmissbrauch geschehen konnte, warum geschwiegen und vertuscht wurde, warum Kinder nicht geschützt wurden." Die Institutionen ebenso wie die gesamte Gesellschaft und der Staat müssten Verantwortung für den mangelnden Schutz und die unzureichende Hilfe in der Vergangenheit übernehmen, fügte Bergmann hinzu: "Sie müssen die Folgen des Missbrauchs anerkennen, an denen Betroffene oft ein Leben lang leiden, und die notwendigen Hilfen bereitstellen. Dafür dürfen nicht noch einmal zehn Jahre vergehen."

Die Kommission erinnerte zudem daran, dass sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in der Familie und im nahen Umfeld am häufigsten vorkomme und meist unerkannt bleibe. Betroffene berichteten immer wieder, "dass ihnen in ihrer Kindheit nicht geholfen wurde, weil ihnen nicht geglaubt wurde", sagte die Kommissions-Vorsitzende Sabine Andresen. "Wir müssen Kindern und Jugendlichen zuhören, ihnen glauben und entsprechend handeln", sagte die Erziehungswissenschaftlerin.

Die Familien müssten gezielt in den Blick genommen werden, ergänzte Matthias Katsch, Sprecher der Initiative "Eckiger Tisch" und Mitglied der Kommission. Für Betroffene, die in Kindheit und Jugend sexueller Gewalt in der Familie ausgesetzt waren, sei es besonders schwierig, die Öffentlichkeit über das, was ihnen angetan wurde und die Folgen in ihrem Leben zu informieren.

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