António Guterres:UN wollen Klimadebatte anführen

António Guterres, UN

"Mit Haut und Haaren" will sich UN-Generalsekretär António Guterres des Klimaschutzes annehmen.

(Foto: REUTERS)
  • UN-Generalsekretär Guterres kündigt im SZ-Interview an, dass die Vereinten Nationen die Führungsrolle in der Klimadebatte übernehmen würden.
  • Er beklagt die "Lähmung des Sicherheitsrats in vielen Krisen der Welt".
  • Unterstellungen, er halte sich aus Rücksicht auf eine Wiederwahl mit öffentlicher Kritk zurück, bestreitet der 70-Jährige. Wer seine Prinzipien hier opfere, der "ist verloren".
  • Guterres wird am Donnerstag in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet.

Von Stefan Kornelius, New York

UN-Generalsekretär António Guterres hat eindringlich mehr Anstrengungen beim Klimaschutz eingefordert. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung mahnte Guterres CO2-Neutralität bis zum Jahr 2050 und ein Umbau der Steuersysteme an, um den Ausstoß von Kohlenstoff zu senken. "Wenn wir den Menschen jetzt sagen, ihr sollt noch mehr Steuern zahlen, werden sie das ablehnen", so Guterres, "aber wenn wir zum Beispiel die Einkommenssteuer senken und als Ausgleich eine Kohlenstoff-Steuer erheben, hätte niemand weniger Geld in der Tasche".

Der UN-Generalsekretär sagte, er verschreibe sich dem Klimathema "mit Haut und Haaren". Die Vereinten Nationen würden die Führungsrolle in der Klimadebatte übernehmen, "da bin ich wild entschlossen". Es handele sich um das bestimmende Thema dieser Zeit, "und hat absolute Priorität".

In dem Interview beklagte der Generalsekretär die "Lähmung des Sicherheitsrats in sehr vielen Krisen der Welt" als ein "ernstes Problem". Gleichzeitig seien die UN aber auch der wichtigste humanitäre Helfer in der Welt. Er müsse jeden Tag eine schwierige Balance finden zwischen Diplomatie und den Prinzipien der UN. Prinzipien dürfe man keinem seelenlosen Pragmatismus opfern. "Unsere Beziehungen werden diffuser. Dies ist nicht mehr die bipolare Welt, die wir kannten, aber es ist auch keine multipolare Welt. Es ist eine chaotische Welt", so Guterres.

Auf die Frage nach seinem Spielraum als UN-Chef sagte Guterres, der sei "ohne Zweifel kleiner" als bei seinen Vorgängern. Momentan sind die Vereinten Nationen durch die Blockade der ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Russland und China in vielen Bereichen gelähmt. Beim Thema Menschenrechte, Einsatz von Massenvernichtungswaffen oder Klima findet sich oft kein Konsens mehr im Sicherheitsrat. Guterres warb dennoch dafür, die UN als Plattform für den Dialog zu nutzen, es gebe keine bessere. "Weil jeder in irgendeiner Weise betroffen ist, fällt es schwer, einen ehrlichen Makler zu finden."

Guterres wies in aller Deutlichkeit Unterstellungen zurück, er halte sich aus Rücksicht auf eine Wiederwahl für eine zweite Amtszeit mit öffentlicher Kritik zurück. "Der Gedanke an eine mögliche Wiederwahl darf niemals eine Rolle spielen. Wer seine Prinzipien opfert, weil er auf eine Wiederwahl schielt, der ist verloren."

"Die Ungleichheit ist exponentiell gestiegen"

Guterres wird am Donnerstag in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Der 70-Jährige ist seit zweieinhalb Jahren UN-Generalsekretär und arbeitete zuvor als Flüchtlings-Hochkommissar und Premierminister von Portugal. Im Interview mit der SZ ging Guterres ausführlich auf die globalen Verwerfungen und den Anstieg des Populismus ein. Als Ursache nannte er die Verwerfungen, die eine ungeregelte Globalisierung zu Beginn der Nuller-Jahre angerichtet habe. "Die Ungleichheit ist exponentiell gestiegen, und wie in jedem anderen Prozess gab es Gewinner und Verlierer." Die Welt habe nun viele Rostgürtel.

Insgesamt stelle er eine enorme Unsicherheit fest. Sie habe ihre Ursache im technologischen Fortschritt und lasse viele Menschen um ihre Berufssicherheit fürchten. "So ist ein Vakuum entstanden, in dem Populismus gedeihen konnte, aber auch Fremdenfeindlichkeit, in extremerer Spielart weißer Rassenwahn, Neonazitum, traditionelle Formen von Antisemitismus und auch Islamophobie." Guterres mahnte, "wir müssen unsere Relevanz beweisen und den Menschen klar machen, dass wir hier sind, um für sie zu arbeiten".

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Antónie Guterres, UN

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