UN-Sondergesandter Brahimi:"Keine Aussicht" auf Ende der Gewalt in Syrien

29.000 Tote, 1,5 Millionen Vertriebene und keine Besserung in Sicht: Der Syrien-Sondergesandte Brahimi hat vor dem UN-Sicherheitsrat ein düsteres Bild der Lage in dem Land gezeichnet. Bei einem Aufstand in einem Flüchtlingslager in Jordanien musste die Polizei Tränengas einsetzen. Granaten, die syrische Dörfer treffen sollten, schlugen auf den von Israel besetzten Golan-Höhen ein.

Der internationale Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi hat vor dem UN-Sicherheitsrat ein düsteres Bild der Lage in dem Land gezeichnet. Es gebe "keine Aussicht" auf ein baldiges Ende der Gewalt, sagte Brahimi am Montag in New York nach der Sitzung des UN-Sicherheitsrates hinter verschlossenen Türen.

Am Vorabend des Auftakts der UN-Generaldebatte sagte Brahimi vor Journalisten, die Lage in Syrien sei "extrem schlecht" und verschlimmere sich weiter. Die Gewalt sei "eine Gefahr für die Region und eine Gefahr für Frieden und Sicherheit in der Welt". Nach Angaben von Diplomaten berichtete der Sondergesandte den Sicherheitsratsmitgliedern, dass Misshandlungen von Gefangenen zur "Routine" geworden seien.

Seit Beginn des Aufstands gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011 wurden nach Oppositionsangaben etwa 29.000 Menschen getötet. Nach neuen Schätzungen von Brahimi sind 1,5 Millionen Menschen von der Gewalt aus ihren Häusern vertrieben worden.

In einem Gespräch mit Brahimi bekräftigte Außenminister Guido Westerwelle, dass trotz der Gewalt der von Brahimis Vorgänger Kofi Annan vorgelegte Sechs-Punkte-Plan seine Gültigkeit behalten soll. Darin ist eine von den Vereinten Nationen überwachte Waffenruhe vorgesehen. Auch wenn es "frustrierend" sei, müsse an der "Substanz" des Anfang des Jahres ausgearbeiteten Planes festgehalten werden, solange es keine bessere Alternative gäbe.

In den Flüchtlingslagern, die in den Nachbarländern Syriens eingerichtet wurden, gibt es derweil Spannungen. Mit Tränengas hat die jordanische Polizei am Montag laut Aktivisten einen Aufstand Hunderter Syrer gegen die Lebensumstände im Lager Saatari aufgelöst. Etwa tausend Menschen hätten sich an dem Protest in dem Camp im Nordwesten Jordaniens beteiligt, sagte Sajed Hammad von der Hilfsorganisation "Kitab wal Sunna", die Tausende Flüchtlinge unterstützt. Die Demonstranten forderten demnach, nach Syrien zurückkehren zu dürfen, setzten ein Zelt in Brand und griffen eine Krankenstation an.

Die Polizei habe daraufhin Tränengas eingesetzt, sagte Hammad. Es habe einige Verletzte gegeben, die ins Krankenhaus gebracht worden seien. Im Lager Saatari leben etwa 30.000 Menschen, die vor der Gewalt in Syrien aus ihrer Heimat in das benachbarte Jordanien flohen. Ende August waren in dem Camp bei Zusammenstößen von Protestierenden mit Sicherheitskräften mehr als 20 jordanische Beamte verletzt worden. Insgesamt leben in Jordanien nach Regierungsangaben derzeit etwa 200.000 syrische Flüchtlinge.

In den von Israel besetzten Golan-Höhen sind am Dienstag mehrere Granaten aus Syrien eingeschlagen. Wie die israelische Armee mitteilte, landeten die Geschosse in einer Obstplantage, verletzt wurde niemand. Es habe sich nicht um einen Angriff gehandelt. Der Granateneinschlag sei der UN-Beobachtertruppe gemeldet worden, die den Waffenstillstand zwischen den benachbarten Ländern überwacht, sagte ein Armee-Sprecher.

Die Plantage liegt in der Nähe einiger syrischer Dörfer, in denen Kämpfe zwischen syrischen Rebellen und den Truppen von Präsident Baschar al-Assad toben. Israelische Medien berichteten, die Granaten seien offenbar gegen ein syrisches Dorf gerichet gewesen.

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