UN-Sondergesandte:Staffan de Mistura: "Wird zu Weihnachten kein Ost-Aleppo mehr geben"

UN-Sondergesandte: Der schwedisch-italienische Diplomat Staffan de Mistura ist Sondergesandter der Vereinten Nationen für Syrien.

Der schwedisch-italienische Diplomat Staffan de Mistura ist Sondergesandter der Vereinten Nationen für Syrien.

(Foto: Martial Trezzini/AP)

Der UN-Sondergesandte zeichnet im SZ-Interview ein düsteres Bild von der Zukunft Syriens: Wenn das Bombardement so weitergehe, hätte das verheerende Folgen.

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, warnt Präsident Baschar al-Assad eindringlich, in dem seit 2011 währenden Bürgerkrieg eine militärische Entscheidung zu suchen. Selbst wenn es der Regierung gelinge, Ost-Aleppo zurückzuerobern, könne der Konflikt nur durch eine politische Lösung dauerhaft beigelegt werden. Anderenfalls befürchte er "für die nächsten Jahre einen fortgesetzten Guerillakrieg in den ländlichen Gebieten sowie Autobomben in den Städten", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Keiner kann daran ein Interesse haben, auch nicht die russische Seite." Russland ist neben Iran der wichtigste Verbündete der Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Es müsse einen Kompromiss für Ost-Aleppo geben, forderte de Mistura, der am Wochenende versucht hatte, die Regierung in Damaskus für eine Waffenruhe für den belagerten Teil Aleppos zu gewinnen, diese lehnte jedoch ab. Wenn das Bombardement so weitergehe wie derzeit, dann "wird es zu Weihnachten kein Ost-Aleppo mehr geben", warnte er. Es sei zwar möglich, dass es der Regierung gelinge, Ost-Aleppo zu übernehmen, "wenn es fast zerstört ist". In diesem Fall würde es aber "eine große Tragödie für die Menschen" und es würde "Zehntausende Flüchtlinge geben, die sich Richtung Türkei bewegen".

Ost-Aleppo einzunehmen oder Raqqa bedeute nicht das Ende des IS

De Mistura sagte, ein dauerhafter Sieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" und die ebenfalls von allen Seiten als terroristische eingestufte Nusra-Front könnten nur erreicht werden, wenn es in Syrien "eine inklusive politische Lösung gibt". Ost-Aleppo einzunehmen oder Raqqa bedeute nicht das Ende des IS, sagte de Mistura. "Das haben wir im Irak gesehen: Wenn es keinen inklusiven politischen Ansatz gibt, dann werden solche Gruppen später wieder wie Pilze aus dem Boden schießen. Sie werden befeuert von der Entrechtung der Sunniten und deren Gefühl, ausgeschlossen zu sein."

Mit Blick auf die Ankündigung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, die Unterstützung für die syrischen Rebellen einstellen zu wollen, sagte de Mistura, jeder US-Präsident werde unter massiven Druck der öffentlichen Meinung und Empörung sich gezwungen sehen, seinen eigenen Ansatz zu überprüfen "bezüglich dessen, was sich in Syrien und Ost-Aleppo abspielt, wenn es so endet wie in Vukovar, wenn sich eine humanitäre Tragödie vor den Augen der Welt abspielt und 200 000 Menschen hungern oder zu Flüchtlingen gemacht werden".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: