Abstimmung im SicherheitsratUN-Sanktionen gegen Iran kurz vor Wiedereinführung

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Blick in den Sitzungssaal des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in New York.
Blick in den Sitzungssaal des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in New York. (Foto: Eduardo Munoz/REUTERS)

Nach erfolglosen Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm hat der UN-Sicherheitsrat eine Fristverlängerung abgelehnt. Die Teheraner Führung ruft ihre Botschafter aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien zurück.

Im Konflikt um das iranische Atomprogramm haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien Ende August den Mechanismus zur Wiedereinführung von UN-Sanktionen gegen die Islamische Republik ausgelöst. Nachdem eine diplomatische Lösung bislang ausgeblieben ist, sollen von diesem Sonntag an erneut Strafmaßnahmen gegen Iran gelten, die bereits in den Jahren 2006 bis 2010 in Kraft waren.

Zuvor war ein Vorstoß Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat gescheitert, die Wiedereinführung zu verzögern. Die Teheraner Führung rief daraufhin ihre Botschafter aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu Konsultationen zurück.

Bereits jetzt ist Iran mit harten Sanktionen belegt, die auf den Energiesektor des öl- und gasreichen Landes zielen. Zudem ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten. Die Sanktionen haben den Staat, in dem knapp 90 Millionen Menschen leben, in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt. Sie trifft vor allem die arme Bevölkerung und eine schwindende Mittelschicht.

Die landeseigene Währung Rial ist bereits vor Inkrafttreten der UN-Sanktionen auf ein Rekordtief gestürzt. Ein Euro kostete auf dem freien Devisenmarkt 1,27 Millionen Rial, wie aus Daten iranischer Währungsportale hervorging. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren, als eine in Wien geschlossene Atomvereinbarung Hoffnungen auf eine politische Öffnung in Iran und einen Aufschwung weckte, lag der Kurs bei 40 000 Rial.

Internationale Unternehmen meiden Iran aus Sorge vor US-Strafmaßnahmen

Die reaktivierten Sanktionen umfassen ein allgemeines Waffenembargo sowie zahlreiche Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen und Organisationen. Laut einer Analyse des Washington Institute dürften die wirtschaftlichen Folgen begrenzt bleiben, da Teheran bereits einer Vielzahl weitreichender US-Sanktionen unterliegt. Viele internationale Unternehmen meiden Iran seit Langem aus Sorge vor US-Strafmaßnahmen.

Seit Jahrzehnten liegt der Westen im Streit mit der Islamischen Republik über deren Atomprogramm. Israel, die USA und europäische Staaten werfen Iran vor, nach Atomwaffen zu streben. Die iranische Führung weist dies zurück und verweist auch auf ein religiöses Rechtsgutachten von Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei, demzufolge Massenvernichtungswaffen verboten sind.

Westliche Staaten zeigten sich insbesondere wegen der zuletzt stark gestiegenen Urananreicherung besorgt. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) verfügte Iran bis vor Kurzem über mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für den Bau von Atomwaffen sind mehr als 90 Prozent nötig. IAEA-Chef Rafael Grossi betonte wiederholt, Iran sei der einzige Staat ohne Atomwaffen, der nahezu waffenfähiges Material produziere.

Israel und die USA haben zentrale Einrichtungen des iranischen Atomprogramms im Juni bombardiert

Grossis Angaben beziehen sich allerdings vor die Zeit vor dem Angriff Israels im Juni. Die israelische Armee hatte damals über zwölf Tage gemeinsam mit der US-Armee Einrichtungen des Atomprogramms bombardiert, darunter auch die unterirdische Anlage Fordo. Zum Ausmaß der Zerstörungen an den Atomanlagen gibt es unterschiedliche Angaben. US-Präsident Donald Trump sagte wiederholt, dass die nuklearen Fähigkeiten Irans „ausgelöscht“ worden seien. Irans Regierung sprach von schweren Schäden.

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Die Europäer hatten Ende August den sogenannten Snapback-Mechanismus aktiviert, der im Wiener Atomabkommen von 2015 verankert war. Er diente dazu, Iran bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Wiener Atomdeals wieder mit Sanktionen belegen zu können. Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind neben den USA, Russland und China Mitunterzeichner des Deals. Dieser sah eine Begrenzung der iranischen Urananreicherung auf maximal 3,67 Prozent sowie eine strenge Überwachung vor. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden.

In seiner ersten Amtszeit hatte Trump die Vereinbarung einseitig aufgekündigt. Zugleich ließ er neue und härtere Sanktionen gegen Iran verhängen. In der Folge hielt sich auch die iranische Führung nicht mehr an die Auflagen des Deals. Seit Jahren bereits wird er faktisch nicht mehr umgesetzt.

Teheran droht den USA und den anderen westlichen Staaten mit Gegenreaktionen auf die Wiedereinführung der UN-Sanktionen. Konservative Kräfte in Iran forderten etwa den Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag. Ob die Führung diesen Schritt tatsächlich geht, ist jedoch unklar. Beobachter erwarten in diesem Fall ein deutlich erhöhtes Eskalationsrisiko mit dem Westen.

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