UN-Resolution gegen Nordkorea:Diplomatie besiegt das Primat des Pöbelns

U.S. Ambassador to the UN, Nikki Haley, delivers remarks during a United Nations Security Council meeting on North Korea in New York City

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, vor der Abstimmung im Sicherheitsrat über die Sanktionen gegen Nordkorea.

(Foto: REUTERS)

Der UN-Sicherheitsrat verhängt scharfe Sanktionen gegen Nordkorea. Das ist ein wichtiger Schritt, gerade weil die USA sich mit ihren Forderungen nicht durchgesetzt haben.

Kommentar von Thorsten Denkler, New York

Es blieb kein anderer Weg. Der UN-Sicherheitsrat hat scharfe Sanktionen gegen Nordkorea beschlossen. Die schärfsten, die je gegen das Land zur Entscheidung standen, heißt es in Washington. Der Öl-Import des Landes wird dadurch um 30 Prozent reduziert. Textilexporte aus Nordkorea sollen fast vollständig gestoppt werden. Das allein entspricht einem Viertel aller Exporteinnahmen des Landes. Wegen bereits bestehender Sanktionen sind nun angeblich 90 Prozent aller Exporte Nordkoreas betroffen.

Bis zum Schluss war unklar, ob China gehen die Resolution ein Veto einlegen würde. Und nach wie vor ist unklar, mit welchem Nachdruck China die Sanktionen durchsetzen wird. Peking hat kein Interesse an einem destabilisierten Nordkorea, kein Interesse, sich das ultra-kommunistische Nachbarland zum Feind zu machen. Aber es hat eben auch kein Interesse an einer Atommacht Nordkorea. Die würde womöglich auch der chinesischen Staatsführung irgendwann das Leben schwermachen.

Deshalb war eine Einigung im UN-Sicherheitsrat möglich. Es hat einige Kompromisse gebraucht, um China an den Tisch zu bekommen. Die USA gehen nicht unbedingt als Herrscher der Welt vom Platz, sie hatten noch viel schärfere Sanktionen gefordert und mussten am Ende nachgeben. Im Kern aber hat die Resolution nicht an Kraft verloren. Sie wird Nordkorea und seine Einwohner hart treffen. Aber hoffentlich die Staatsführung in Gespräche über ein Ende ihres Atomwaffen-Programmes zwingen.

Die USA scheinen sich wieder auf den Weg der Diplomatie begeben zu haben

Spätestens mit Nordkoreas jüngstem Nuklearbomben-Test am 3. September ist allen klar, was auf dem Spiel steht. Da hat das arme Land unter der harten Führung von Kim Jong-un bewiesen, dass es auf dem Weg zu einer atomaren Massenvernichtungswaffe schon viel zu weit vorangekommen ist. Dies zugelassen zu haben ist auch ein Versagen der chinesischen Führung. Die soll zwar keine tiefen und allzeit verlässlichen Kanäle zu den Machthabern in Pjöngjang haben. Aber vermutlich immer noch bessere, als alle anderen Staaten der Weltgemeinschaft zusammen.

Erstaunlich ist an der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates aber noch etwas völlig anderes. Die USA haben eine Führungsrolle übernommen, indem sie Russland und China im Sicherheitsrat mit an Bord holten. Das war so nicht mehr unbedingt zu erwarten, nachdem US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Wochen einen Ton der Eskalation in die Nordkorea-Debatte gebracht hat, der der Sache nicht half.

Mit "Feuer, Wut und Macht" werde er über Nordkorea herziehen, sollte es die USA auch nur ernsthaft bedrohen, sagte Trump. Zwischenzeitlich schien die Welt am Rande eines Atom-Konfliktes zu stehen. Kim Jong-un hat den Streit mit immer neuen Provokationen gesucht. Trump ist über seinen Stock gesprungen, wie ein knurriges Hündchen, das unbedingt jemandem in die Wade beißen will.

Seit seinem Amtsantritt hat Trump mehr als einmal die Vereinten Nationen in die Ecke gestellt, hat das Primat der Diplomatie hinter sein bevorzugtes Primat des Pöbelns gestellt. So mag er ehedem mit seiner TV-Show Erfolg gehabt haben. Aber so funktioniert nicht der Ausgleich der Kräfte in der internationalen Weltgemeinschaft. Die Regeln der Diplomatie hebelt auch ein Donald Trump nicht aus. Das ist es, was er aus dieser Resolution gegen Nordkorea lernen sollte.

Wie gut, dass es im US-Außenministerium und in der UN-Botschaft der USA in New York offenbar noch Leute gibt, die etwas von ihrem Job verstehen. Trotz allen Spardrucks, unter den Trump das Amt gesetzt hat. Und trotz aller Schmähungen, unter denen die Diplomaten unter Trump zu leiden haben.

Die USA scheinen sich wieder auf den Weg der Diplomatie begeben zu haben. Das ist neben dieser äußerst scharfen Resolution gegen Nordkorea vielleicht die beste Nachricht.

Ob dies so bleibt? Wer weiß. Trump ist unberechenbar. Aber sein von rechtsradikalen Spin-Doktoren wie Steve Bannon weitgehend befreiter Beraterstab im Weißen Haus scheint ihn außenpolitisch halbwegs im Griff zu haben. Die Welt kann nur hoffen, dass er nicht anfängt, die falschen Berater zu feuern.

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