Süddeutsche Zeitung

UN:Massive Kritik an China im Menschenrechtsrat

Peking verteidigt die Umerziehungslager für Angehörige der uigurischen Minderheit als Ausbildungszentren.

Wenige Sätze brauchte die chinesische Delegation, um sämtliche Kritik an der Menschenrechtslage im eigenen Land als unberechtigt darzustellen. Es handele sich lediglich um "Missverständnisse", eine "anti-chinesische Agenda" und Unkenntnis der anderen Staaten, sagten die Vertreter bei einer Anhörung vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am Dienstag in Genf. UN-Mitglieder werden alle fünf Jahre hinsichtlich der Menschenrechtslage überprüft. Maßstab für den sogenannten Universal Periodic Review, in dem sich die Staaten gegenseitig überprüfen, sind die UN-Charta und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

China wurde zuletzt 2013 geprüft. Seitdem hat sich die Lage der Menschenrechte laut internationalen Beobachtern massiv verschlechtert. Die International Federation for Human Rights hatte im Vorfeld auf die "dramatische Verschlechterung" in den tibetischen Gebieten hingewiesen. Die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch hatte gefordert, China müsse die Umerziehungslager in der westchinesischen Provinz Xinjiang schließen, in denen ihren Angaben zufolge mehr als eine Million Angehörige der muslimischen Volksgruppe der Uiguren festgehalten werden.

In der Anhörung am Dienstag kritisierten Mitgliedstaaten unter anderem die Verfolgung politisch Andersdenkender in China, das unrechtmäßige Festhalten von Personen ohne Anklage sowie die hohe Zahl von in China verhängten Todesstrafen. Die Delegation aus Deutschland wies unter anderem auf die vielfachen Verletzungen der Religions- und Pressefreiheit sowie die dramatische Situation der uigurischen Minderheit in Xinjiang hin. Die dänische Delegation forderte die Regierung in Peking auf, den Vereinten Nationen Zugang zu der Region im Westen Chinas zu erleichtern, um unabhängige Beobachter in die Provinz entsenden zu können.

Der Aufenthalt sei freiwillig, kostenfrei und stehe nicht im Zusammenhang mit der Religion

Chinas Vize-Außenminister Le Yucheng ging bei seiner Stellungnahme zu Beginn der Anhörung zunächst nicht auf die Situation der Uiguren ein. "Wir schützen die Rechte von ethnischen Minderheiten in Übereinstimmung mit den Gesetzen", versicherte Le lediglich. Die Rede- und die Religionsfreiheit seien durch Gesetze geschützt. Ein chinesischer Vertreter ergänzte, dass es sich in Xinjiang nicht um Lager handele, sonder um "Ausbildungszentren für die Vermittlung von beruflichen Fähigkeiten und Sprachen". Der Aufenthalt sei freiwillig, kostenfrei und stehe nicht im Zusammenhang mit der von den Menschen praktizierten Religion. Le nannte Europa als Vorbild für die Zentren, so würden in dortigen Schulen angeblich ähnliche Programme im Kampf gegen Extremismus existieren.

Der chinesische Vize-Außenminister konzentrierte sich in seinem eigenen Bericht vor allem auf die Fortschritte bei der Armutsbekämpfung sowie im Bereich der Bildung und der Gesundheitsversorgung. "Was China erreicht hat zeigt, dass es mehr als nur einen Weg zur Modernisierung gibt", sagte Le. Unterstützt wurde die Delegation von den Wortmeldungen zahlreicher Staaten. Darunter von Sambia, dessen Delegierte lobten unter anderem die Entwicklung des nationalen Punktesystems. Mittels diesem sollen in Zukunft alle Bürger in China aufgrund ihres Verhaltens im gesellschaftlichen Leben, im Beruf und im Internet bewertet werden. Sambia ist einer der Profiteure der chinesischen Investitionspolitik in Afrika.

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SZ vom 07.11.2018 / SZ
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