Syrien:Westerwelle gibt Assad-Regime Schuld an Massaker

"Blutlachen, Blutspritzer und Patronenhülsen" : Nach den Gräueltaten von Tremseh mit bis zu 200 Toten besuchen UN-Beobachter den Ort. Bundesaußenminister Westerwelle greift Machthaber Assad scharf an - und berichtet von "klaren Erkenntnissen" über das Massaker.

Hinter dem Massaker in dem syrischen Dorf Tremseh steckt nach Überzeugung von Bundesaußenminister Guido Westerwelle das Regime von Präsident Baschar al-Assad. "Das Assad-Regime setzt schwere Waffen wie Hubschrauber, Geschütze und Panzer für grausame Gewalt, für einen regelrechten Krieg gegen das eigene Volk ein. Das ist unsere klare Erkenntnis aus den Berichten über die Geschehnisse von Tremseh", sagte der FDP-Politiker der Bild am Sonntag. In dem Dorf waren am vergangenen Donnerstag bis zu 250 Menschen getötet worden, wie Aktivisten berichteten.

Aussenminister Westerwelle besucht Aegypten

"Das Assad-Regime setzt schwere Waffen wie Hubschrauber, Geschütze und Panzer für grausame Gewalt, für einen regelrechten Krieg gegen das eigene Volk ein": Außenminister Guido Westerwelle fordert .

(Foto: dapd)

Am Samstag hatten sich UN-Inspekteure vor Ort ein Bild von der Lage gemacht. Westerwelle appellierte an die internationale Gemeinschaft, den Gräueltaten ein Ende zu bereiten. "Das darf nicht weitergehen. Gewalt schürt nur mehr Gewalt. Ein weiteres Hula oder Tremseh darf es nicht geben." Ende Mai waren bei einem Massaker im syrischen Al-Hula 108 Zivilisten getötet worden, darunter viele Frauen und Kinder.

Blutlachen, Blutspritzer und Patronenhülsen in Häusern

Die jüngsten Angriffe in Tremseh galten nach Ansicht der UN-Beobachter vor allem Gegnern des Assad-Regimes. "Die Attacke richtete sich offenbar gegen bestimmte Gruppen und Gebäude vor allem von Armee-Deserteuren und Aktivisten", teilten die Blauhelme am Samstagabend nach ihrem Besuch mit. Wie viele Menschen bei den Kämpfen getötet wurden, sei noch unklar. Die Untersuchungen in dem Dorf würden an diesem Sonntag fortgesetzt.

Man habe "Blutlachen, Blutspritzer und Patronenhülsen in einer Reihe von Wohnhäusern" gesehen, heißt es in der Erklärung der UN-Beobachter. Auch eine niedergebrannte Schule und beschädigte Häuser mit Brandspuren seien untersucht worden. Nach Angaben der Inspekteure kam eine Vielzahl an Waffen zum Einsatz, darunter Artillerie, Mörser und Handfeuerwaffen.

Verhandlungen mit China und Russland

Das Blutbad von Tremseh hatte international für Entsetzen gesorgt. Während Regimegegner den Truppen von Präsident Baschar al-Assad vorwarfen, ein Massaker an den Dorfbewohnern verübt zu haben, sprach die Regierung von einem Einsatz gegen "terroristische Banden" - die in Damaskus gebräuchliche Bezeichnung für Regimegegner.

Explosion in Hama

Eine Explosion in der Stadt Hama am 15. Juni - Außenminister Westerwelle warnt: "Das darf nicht weitergehen."

(Foto: dpa)

Zwei Tage hatten die UN-Vertreter warten müssen, bis sie Tremseh inspizieren konnten. Mit elf Fahrzeugen fuhren die militärischen und zivilen Beobachter am Samstag in das Dorf rund 25 Kilometer nordwestlich von Hama. "Das Team hat Fotos von bombardierten Häusern gemacht und Granatsplitter gesammelt, um herauszufinden, mit welchen Waffen das Regime gegen Zivilisten vorgegangen ist", sagte ein Aktivist. Auf Bildern und in Videos im Internet war zu sehen, wie Menschen den Beobachtern blutgetränkte Kleidung und Überreste von Granaten zeigten. "Das sind russische Waffen", rief ein wütender Mann. Russland ist der wichtigste Verbündete und Waffenlieferant von Machthaber Assad. Die Veto-Macht blockiert im UN-Sicherheitsrat Resolutionen, die ein schärferes Vorgehen gegen Damaskus ermöglichen würden.

Auch China müsse eine aktivere Rolle zur Lösung des Syrien-Konflikts einnehmen, forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Samstag. Bei einem Telefongespräch mit Chinas Außenminister Yang Jiechi habe Ban darauf gedrungen, dass China "seinen Einfluss" nutzen müsse, um eine "vollständige und sofortige Umsetzung" des Sechs-Punkte-Plans des Syrien-Sondergesandten Kofi Annan und der Beschlüsse der Syrien-Aktionsgruppe sicherzustellen, sagte ein UN-Sprecher. Ban hatte zuvor gewarnt, sollte der UN-Sicherheitsrat den Druck auf die Führung in Damaskus nicht erhöhen, wäre dies eine "Lizenz für weitere Massaker".

Gemeinsam mit Russland hat China bereits zwei Resolutionen des UN-Sicherheitsrats blockiert, mit denen der Westen den Druck auf das Assad-Regime erhöhen wollte. Seit kurzem wird in New York über einen neuen Resolutionsentwurf verhandelt. Ban reist in den kommenden Tagen zu politischen Gesprächen nach China. Annan wird am Montag in Moskau erwartet.

Die Zeit drängt, denn während über den Umgang mit dem Regime verhandelt wird, gehen die blutigen Kämpfe in Syrien weiter. Nach Angaben des oppositionellen Syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte kamen am Samstag landesweit fast 120 Menschen ums Leben, darunter 49 unbewaffnete Zivilisten.

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