UN: Aktion gegen Frauendiskriminierung:Mehr Rechte per Quote

Um die Gleichberechtigung von Mann und Frau steht es in der westlichen Welt kaum besser als in Entwicklungsländern. Jetzt hat ein UN-Komitee Empfehlungen ausgesprochen - unter anderem Quotenregelungen.

Varinia Bernau

Bei seiner jüngsten Sitzung in New York hat sich der UN-Frauenrechtsausschuss mit der Diskriminierung der Frauen weltweit befasst. Wenig überraschend war, dass sich die Situation in Finnland und im Jemen sehr unterscheidet. Beide Länder gelten als Positiv- und Negativbeispiel für Gleichberechtigung.

UN: Aktion gegen Frauendiskriminierung: Auch das gehört zur Gleichberechtigung: Rekrutinnen der Bundeswehr.

Auch das gehört zur Gleichberechtigung: Rekrutinnen der Bundeswehr.

(Foto: Foto: ddp)

Eine weitere Feststellung des UN-Komitees war schon überraschender: Danach gehe es zwar Frauen in den Industriestaaten insgesamt besser, aber von der Gleichstellung mit Männern seien sie oft genauso weit entfernt wie die Frauen in Entwicklungsländern. Nicht nur bei den Gehältern schneiden sie schlechter ab als die Männer - Frauen haben oft auch einen geringeren Bildungsgrad und sitzen in Politik und Wirtschaft seltener auf den entscheidenden Posten.

Gleiche Gehälter sind noch keine Gleichberechtigung

"Das Einkommen allein ist kein Garant für die Gleichberechtigung", sagt Roberto Bissio von der Nichtregierungsorganisation Social Watch. Das international finanzierte Netzwerk hat vor einigen Monaten 157 Länder danach aufgelistet, wie es um die Gleichberechtigung steht. Deutschland und Ruanda landeten auf demselben, nämlich dem vierten Platz. Deutsche Frauen haben zwar einen höheren Bildungsgrad und eine längere Lebenserwartung als ruandische Frauen, so die Wissenschaftler in ihrer Studie, doch gemessen an den Männern im eigenen Land stehen Frauen in Deutschland nicht besser da als in Ruanda.

Luxemburg und die Schweiz, so die Studie weiter, hätten ein hohes Pro-Kopf-Einkommen. Analysiert man aber auch die Hierarchien, die zwischen Mann und Frau in Unternehmen bestehen, so schnitten die beiden europäischen Länder nicht besser ab als Mozambique. Und auch arme Länder wie Burundi, Ruanda oder Ghana zählten zu jenen, in denen die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen weltweit am geringsten sind.

In Osteuropa sind Frauen mit einem Hochschulabschluss immer häufiger arbeitslos, beobachtet Genoveva Tisheva, Direktorin der Bulgarischen Genderforschungsstiftung, einer unabhängigen Non-Profit-Organisation, die ihre Beobachtungen zu der Studie von Social Watch beigesteuert hat. Im Zuge der wirtschaftlichen Liberalisierung gelang es Frauen seltener, ihren sozialen Standard zu halten. Die ehemaligen sozialistischen Länder haben ihre Vorreiterrolle in Sachen berufstätige Frauen längst abgegeben.

Auch für Deutschland mahnte die UN-Kommission bei ihrer jüngsten Prüfung vor vier Jahren an, dass ostdeutsche Frauen häufiger arbeitslos sind - im Vergleich zu Frauen im Westen, aber auch im Vergleich zu ostdeutschen Männern. Im gesamten Bundesgebiet arbeiten derzeit, laut einer Erhebung des Statistischen Amtes der EU (Eurostat), nur die Hälfte der Frauen Vollzeit. Der durchschnittliche Stundenlohn liegt ein Fünftel unter dem der Männer.

Tishevas Forderung: Die Regierung müssten den Frauen mehr Schutz gewähren. Quotenregelungen in der Politik, aber auch auf dem Arbeitsmarkt seien das Erfolgsrezept jener Länder, die zu den Vorbildern bei der Gleichberechtigung gehören.

So lobte der UN-Frauenrechtsausschuss jetzt Finnland für seine seit kurzem geltende Vorschrift, nach der Unternehmen mit mehr als 30 Mitarbeitern den Angestellten offenlegen müssen, welche Posten von Frauen und Männern besetzt werden - und wie das tatsächliche Lohngefälle zwischen beiden aussieht.

Dem Jemen, das in dem Gleichberechtigungs-Ranking von Social Watch den letzten Platz erreicht hat, empfahl das Komitee, Frauen offensiv zu fördern: Der Staat solle sie bei der Gründung eigener Landwirtschaftsbetriebe unterstützen und ihnen den Zugang zu Arbeitsplätzen in der Verwaltung erleichtern. In ländlichen Regionen des Jemen arbeitet etwa jede vierte, in den Städten nur jede zehnte Frau - viele von ihnen jedoch heimlich.

Rechte nur auf dem Papier

Die Arbeit des UN-Frauenrechtsausschusses ist nicht unumstritten. Kritiker wenden immer wieder ein, dass die in der 1979 verabschiedeten Konvention verankerten Rechte nur auf dem Papier stehen. Fast alle der 192 UN-Mitgliedsstaaten haben das Vertragswerk, das neben einer Präambel 30 Artikel umfasst, ratifiziert. Manche jedoch unter Vorbehalt wichtiger Artikel. Zudem kommen nicht alle Staaten ihrer Pflicht zur Berichterstattung nach: Derzeit stehen die entsprechenden Vorlagen von fast vierzig Staaten aus.

Der UN-Ausschuss spricht nach der Prüfung in den einzelnen Ländern Empfehlungen aus. Dass diese befolgt werden, kann das Gremium nur anmahnen; die Möglichkeit zur Strafe gibt es nicht. Zwar können sich Frauen auch direkt an das Komitee wenden, wenn sie meinen, dass ihre Rechte vom Staat, einem Unternehmen oder einer Privatperson verletzt würden. Die bürokratischen Hürden für eine Beschwerde sind jedoch hoch.

Druckmittel für Menschenrechtsorganisationen

Es sei "entscheidend, dass die Frauen diese verbrieften Rechte haben", sagt Gunda Opfer, Sprecherin der Koordinationsgruppe "Menschenrechtsverletzungen an Frauen" bei Amnesty International - und das, obwohl diese Rechte oft nur eingeschränkt wahrgenommen werden könnten, besonders dort, wo Frauen wenig gebildet sind. Denn Amnesty berufe sich fast immer auf die von den Ländern ratifizierten internationalen Vereinbarungen, um Druck auszuüben.

Vor vier Jahren hat die Organisation die Gewalt an Frauen zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. Gunda Opfer, befragt nach den Gründen für den besonderen Einsatz zum Schutz von Frauen, verweist auf eine Statistik der Weltgesundheitsorganisation: Demnach war Gewalt, zumindest noch vor sechs Jahren, weltweit die häufigste Todesursache von Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Die Täter, sagt die Menschenrechtsexpertin, agieren oft im Verborgenen.

"Woman is the nigger of the world", sang John Lennon bereits 1972. Wer ihm nicht glaube, dem empfahl Lennon in seinem Lied: "Schau dir doch mal die Frau genauer an, mit der du zusammen bist."

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