Umweltschutz:Riecht nach Wirtschaftswunder

Der Abschied von der Ölheizung macht wehmütig - und kreativ.

Von Martin Zips

"Firma Heizung Müller. Wir sollen den Brenner von Ihrer Ölheizung anschauen", heißt es in dem Roman. Die Frau wundert sich: "Haben Sie einen Termin ausgemacht?" Die Antwort: "Nein. Ich war gerade in der Gegend." Die Frau lässt den Mann also ins Haus und führt ihn in den Heizungskeller. Dann sagt er: "Vielen Dank, ich komm jetzt allein klar."

Die Szene stammt aus einem Kriminalroman, natürlich. "Wolfsschlucht" von Andreas Föhr. Wer mit einer Ölheizung aufgewachsen ist, dem muss man das Gefühl erst gar nicht erklären. Sofort hat der Krimi-Leser jenen dunklen Raum vor Augen, in dem schon bei Edgar Wallace die Rohdiamanten des "Würgers von Schloss Blackmoor" lagerten. Einen Raum, in den der Öllieferant mindestens einmal jährlich durch ein winziges Kellerfenster einen gewaltigen Tankschlauch führte.

Im Nachkriegsdeutschland einen Heizungskeller mit Tank zu besitzen, das roch ganz stark nach Wirtschaftswunder. Denn in Ostdeutschland, da schleppten sie noch Kohlen. Aber im Westen, da gab's längst den "Feurio Ölbrenner" und andere tolle Dinge.

Vom Jahr 2026 an dürfen in Deutschland nun keine neuen Ölheizungen mehr eingebaut werden. Das hat das Bundeskabinett beschlossen - aus guten Gründen. Austauschprämien und die in Schweden längst bewährte CO₂-Bepreisung dürften den geschätzt 5,7 Millionen Ölheizungsanlagen im Land vielleicht doch noch irgendwann den Garaus machen. Der uralte Inuit-Spruch "Wohl dem, der einen warmen Iglu, Öl in der Lampe und Frieden im Herzen hat" - er könnte bald auf dem Friedhof der klimafeindlichen Ausdrücke landen. Spätestens dann, wenn auch in Deutschlands Städten endlich jener Smog verschwindet, der schon Oliver Twist das Sonnenlicht geraubt hat.

Und doch: Der dunkle Heizungskeller, das war nicht nur der Ort, in dem Filmfiguren wie Freddy Krueger ein unschönes Schicksal widerfuhr. Es war auch der Ort, in dem sich die Darsteller des Boulevardstücks "Männerhort" von Kristof Magnusson ihren eigenen, vielleicht etwas frauenfeindlichen Lebensraum schufen. Und Öl, das machte ja lange Zeit generell ein gutes Gefühl. Schon, weil der "Tin Man" in "The Wizard of Oz" immer ein kleines Ölkännchen mit sich herumtrug, um nicht wieder einzurosten. Dass der "Tin Man" in der deutschen Filmfassung "Zinnmann" hieß, das hat man übrigens nie verstanden. Denn Zinn rostet nicht.

Wahrscheinlich sind es genau jene Erinnerungen, die einen beim Gedanken an den Ölkeller etwas wehmütig werden lassen. In einem solchen schrieb Günter Grass einst "Die Blechtrommel" (später stellte der Autor in seinem Wohnhaus auf Fernwärme um), und in Kellern drehten bedeutende Regisseure wie Orson Welles, Ulrich Seidl oder Bong Joon-ho herausragende Filme.

Aber keine Sorge: Zieht der Tank aus, zieht schon bald was Neues ein. Die Stromkästen der neuen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zum Beispiel. Oder Musik wie im Pariser "Le Caveau de la Huchette", dem ältesten Jazzkeller Europas. Oder eine Kellerbar wie das "Enigma" in Krakau. Vielleicht auch ein Theater wie der Bremer "Literaturkeller". Da sieht man's mal wieder: Klimaschutz macht ungeheuer kreativ.

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