Umweltschutz:Fahrverbote für Dieselautos in weiter Ferne

Auf Druck aus Berlin setzt Baden-Württemberg nun darauf, ältere Pkw nachzurüsten.

Von Josef Kelnberger, Michael Bauchmüller und Frank Müller, Stuttgart/Berlin/München

Das politische Ringen um Fahrverbote für Diesel-Pkw in deutschen Städten geht weiter. Die baden-württembergische Regierung verabschiedet sich nach einer Intervention des Bundesverkehrsministeriums von ihrem im Luftreinhalteplan formulierten Modell. Dieses sei rechtswidrig, weil dadurch eine neue Umweltzone in Stuttgart geschaffen würde, so heißt es. Deshalb setzt die Regierung am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ganz auf das Argument, dass sich die Grenzwerte für Stickoxid und Feinstaub durch eine Nachrüstung älterer Diesel einhalten lassen. Die Deutsche Umwelthilfe will alle Diesel-Fahrzeuge aus Stuttgart aussperren lassen.

Das Bundesverkehrsministerium bemühte sich am Sonntag, sich aus der Debatte herauszuhalten. Man habe schon immer gesagt, dass generelle Fahrverbote "der falsche politische Ansatz" seien, erklärte eine Sprecherin. Es sei wirkungsvoller, auf alternative Antriebe bei jenen Fahrzeugen zu setzen, die sich ständig in den Städten befänden, etwa Müllautos, Stadtbusse oder Taxis. Dagegen bringe es wenig, auch Autos die Einfahrt in Städte zu verbieten, "die ein oder zwei Mal" hineinfahren wollten. Grundsätzlich halte man "temporäre Fahrverbote" aber weiterhin für möglich.

Im von den Grünen geführten Stuttgarter Verkehrsministerium verursachte das Vorgehen von Bundesminister Alexander Dobrindt (CSU) großen Ärger. Dobrindt verweigere sich der Einführung einer "blauen Plakette", mit der sich eine neue Umweltzone für Dieselfahrzeuge schaffen ließe. Nun torpediere sein Haus die Pläne des Stuttgarter Verkehrsministeriums, obwohl diese, wie von Dobrindt angeregt, temporär seien; alte Diesel-Pkw sollten an Tagen mit "Feinstaubalarm" nicht in Stuttgart fahren dürfen. Man sei gezwungen, sich an die Einschätzung des Bundesministeriums zu halten. Dass es beim Thema Nachrüstung alter Diesel vorangehe, sei Horst Seehofer (CSU) zu verdanken, dem bayerischen Ministerpräsidenten.

Auf Initiative von Seehofer und Winfried Kretschmann sollen die Modalitäten der Nachrüstung auf einem Autogipfel am 2. August festgelegt werden. Meldungen, wonach Fahrverbote im Südwesten generell vom Tisch seien, dementiert das Stuttgarter Verkehrsministerium. In einer Kabinettsvorlage, die am Dienstag behandelt wird, heißt es, Voraussetzung für einen Verzicht sei eine adäquate Nachrüstung. Andernfalls müsse man neu überlegen.

Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will sich von der Idee, alte Dieselautos auszusperren, noch nicht verabschieden. Obwohl nach einem Treffen bayerischer Oberbürgermeister mit Seehofer ein anderer Eindruck entstanden war, machte Reiter klar: "Nein, vom Tisch sind Fahrverbote zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht." Aber es gebe nun die Möglichkeit, solche Verbote zu vermeiden. München will das Netz von Messstationen in der Stadt "deutlich erhöhen", so Reiter. Damit wolle die Stadt den Druck auf Land und Bund erhalten, die Luftqualität zu verbessern.

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