UmweltschutzDeutschland nähert sich dem Klimaziel

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Zum Sonnenaufgang leuchtet der Morgenhimmel farbenprächtig hinter dem Windenergiepark "Odervorland" im Landkreis Oder-Spree.
Zum Sonnenaufgang leuchtet der Morgenhimmel farbenprächtig hinter dem Windenergiepark "Odervorland" im Landkreis Oder-Spree. (Foto: dpa)

Die CO₂-Emissionen gingen 2019 um mehr als 50 Millionen Tonnen zurück - vor allem wegen gedrosselter Kohlekraftwerke.

Von Michael Bauchmüller und Vivien Timmler, Berlin

Deutschland hat seine klimaschädlichen Emissionen im vorigen Jahr um mehr als 50 Millionen Tonnen senken können. Das ergibt eine Auswertung, die der Berliner Thinktank Agora Energiewende am Dienstag vorgelegt hat. Demnach sind vor allem bei der Stromerzeugung die Emissionen gesunken. Bei Gebäuden und im Verkehr dagegen stiegen sie erneut an.

Die meisten Einsparungen brachten gedrosselte oder stillgelegte Kohlekraftwerke. Die Nutzung von Steinkohle ging um fast ein Drittel zurück, von der besonders klimaschädlichen Braunkohle wurden 22 Prozent weniger verbrannt. Das wiederum hängt vor allem mit dem europäischen Emissionshandel zusammen: Stromkonzerne müssen für jede Tonne Kohlendioxid, die sie verursachen, ein Zertifikat erwerben. Der Preis war zuletzt auf etwa 25 Euro je Tonne gestiegen. Das macht es weniger attraktiv, aus Kohle Strom zu erzeugen. Und weil 2019 ein gutes Wind- und Sonnenjahr war, lieferten erneuerbare Energien so viel Strom wie nie. Ihr Anteil wuchs auf 42,6 Prozent am Stromverbrauch. Das ist ungefähr so viel, wie Kohle-und Atomkraftwerke zusammen beisteuerten. Der Stromverbrauch sank zudem auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren.

Damit kommt Deutschland auch beim Klimaschutz einen großen Schritt voran. Die Treibhausgas-Emissionen dürften 2019 auf unter 820 Millionen Tonnen gefallen sein, das wäre verglichen mit 1990 ein Rückgang um 35 Prozent. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist ein Minus von 40 Prozent, zu erreichen in diesem Jahr. Dafür allerdings müssten die Emissionen nun noch einmal um gut 65 Millionen Tonnen fallen. Agora-Chef Patrick Graichen hält das für unrealistisch. Es sei "so gut wie ausgeschlossen", dass die CO₂-Emissionen 2020 ähnlich stark sinken. "Dazu fehlt bisher schlicht der politische Wille und das Instrumentarium", sagte Graichen.

Zumal sich in anderen Bereichen nur wenig tut. Nach Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen wuchs der Mineralöl-Absatz 2019 weiter - sowohl für Autos, Lastwagen und Flugzeuge, als auch für Heizungen; letzteres auch der Witterung wegen. "Das, was die Politik im Energiebereich bereits geschafft hat, müssen wir auch im Verkehrssektor hinbekommen", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Nötig sei auch ein "deutlich stärkerer Ausbau erneuerbarer Energien", um die Emissionen weiter zu senken.

Offizielle Zahlen zur Klimabilanz will das Umweltbundesamt im März vorlegen. Es hält die Agora-Berechnungen aber für plausibel. "Insofern ist das eine gute Nachricht", sagte Dirk Messner, neuer Präsident der Behörde, der Süddeutschen Zeitung. "Wir müssen aber dranbleiben, denn im Energiesektor droht der Windkraft die Luft auszugehen." 2019 seien viel zu wenige Anlagen errichtet worden, warnte Messner. "Das wird das künftige Wachstum stark hemmen."

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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