Umweltministerium:Gabriel verschwieg Berater

Hat Sigmar Gabriel Transparenz-Richtlinien allzu lax interpretiert? Sein Ministerium meldete keine Ausgaben für externe Berater - obwohl er deren Leistungen in Anspruch nahm.

Guido Bohsem

Die Union hat im Zusammenhang mit der Beschäftigung externer Berater neue Vorwürfe gegen das Ressort von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erhoben.

Im Gegensatz zu anderen Ministerien der Bundesregierung sei Gabriels Haus seiner Pflicht nicht nachgekommen, das Parlament über das genaue Ausmaß an fremder Unterstützung zu unterrichten, sagte der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter am Wochenende. Damit sei gegen die Auflagen des Haushaltsausschusses verstoßen worden, der die Ausgaben der Regierung kontrolliert.

Knapp 40 Millionen Euro für externe Beratung

Nach einer Aufstellung des Finanzministeriums gab die Bundesregierung insgesamt 39,76 Millionen Euro für externe Beratung aus, also für Gutachten, Stellungnahmen und Arbeiten an Projekten, die die Ressorts nicht alleine hätten leisten können. Größter Auftraggeber war das Finanzministerium, das etwa 12,5 Millionen Euro für solche Dienstleistungen zahlte.

Das Verbraucherschutzministerium vergütete seine externen Berater mit 10,25 Millionen Euro, das Verkehrsministeriums die seinen mit acht Millionen Euro. Eines der wenigen Ressorts, die keine Ausgaben meldeten, war das Umweltministerium (BMU).

Das Ministerium begründete die Fehlanzeige damit, dass die Art der Beratungen, die es in Anspruch genommen habe, nicht unter die vorgegebenen Meldepflichten falle.

Auch auf gesonderte Nachfrage aus dem Haushaltsausschuss kam man zu dem Ergebnis, keine Leistung eingekauft zu haben, die man angeben müsse. "Eine nochmalige, auch speziell auf die mein Ressort betreffenden Gesetze und Verordnungen ausgerichtete Prüfung hat dieses Ergebnis bestätigt", heißt es in einem Schreiben des Umweltstaatssekretärs Matthias Machnig (SPD).

Mindestens äußerst fahrlässig

Der enge Vertraute Gabriels begründet diese Aussage vor allem damit, dass sein Ministerium die Beratungsleistungen über sogenannte Werkverträge eingekauft habe. Diese müssten nicht als externe Beratungsleistungen angegeben werden.

Das BMU habe aus diesem Grund auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres keinen Grund, den Einkauf externer Dienstleistungen anzumelden, argumentierte Machnig Ende Juli in dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Brief.

Vieles spricht dafür, dass das Umweltministerium die Regeln der Regierung falsch, zumindest aber äußerst fahrlässig auslegt hat. Denn die Rechtslage ist eindeutig und wurde den Ressorts mehrfach vom zuständigen Finanzministerium vorgegeben.

Steinbrücks Erlass

Zuletzt hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) im Dezember des vergangenen Jahres noch einmal bekräftigt, dass auch über Werkverträgen eingekaufte Beratungen zwingend von den Ministerien angegeben werden müssen.

Das Schreiben liegt der SZ vor. Steinbrücks Erlass geht auf einen weitaus älteren Beschluss des Haushaltsausschusses aus dem Jahr 2006 zurück. Mit den Stimmen von SPD und Union beschloss das Gremium damals ausdrücklich, dass auch die Bundesbehörden Beraterleistungen offen legen müssen, die im Rahmen von Werkverträgen erbracht werden. Nach Auskunft des Parlamentarischen Staatssekretärs im Finanzministerium, Karl Diller (SPD), galt sie erstmals für das Haushaltsjahr 2007.

Das Vorgehen des Umweltministeriums stößt auch auf Kritik beim Bundesrechnungshof (BRH) und es ist offenbar auch kein Einzelfall in der Regierung. In einem der SZ vorliegenden Bericht von Ende Juni 2009 monieren die Bonner Prüfer den generell wenig transparenten Umgang mit den Werkverträgen.

Sie hätten diese vielfach genutzt, um aus formalen Gründen von einer Einordnung von Dienstleistungen als externe Beratung abzusehen "und haben damit verbundene zusätzliche Handlungs- und Transparenzanforderungen nicht erfüllt", schreiben die Bonner Prüfer. Dadurch sei das Gesamtbild über den Einsatz externer Berater in der Bundesregierung nur eingeschränkt aussagekräftig. "Es ... dürfte einen nicht unerheblichen Anteil von Dienstleistungen mit Beratungscharakter außer Acht lassen."

Bereits zuvor hatten die Bonner Prüfer Gabriels Ministerium wegen des laxen Umgangs mit externen Beratern gerügt. Bei einer Untersuchung Ende 2007 fanden sie zahlreiche Mitarbeiter vor, die nur per Werkvertrag tätig waren, dies aber bis zu vier Jahre lang. In einer Stellungnahme argumentiert das Ministerium, dabei habe es sich um eine Ausnahmesituation gehandelt.

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