Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Verteuern und verbieten

Die Grüne schlagen einen radikaleren Klimakurs als die Regierung ein. Der CO₂-Preis soll bei 40 Euro starten und 2021 auf 60 Euro steigen.

Von Bernd Kramer und dpa

Die Grünen wollen die Klimapolitik verschärfen und deutlich über die Pläne der Bundesregierung hinausgehen. Das geht aus einem Antrag des Bundesvorstandes für den Grünen-Parteitag im November hervor. "Während die große Koalition alles nach hinten schiebt und entsprechend in Kauf nimmt, dass Deutschland in den Jahren 2019 bis 2025 kaum etwas einspart, geschweige denn in den Jahren zuvor, geht unser Ansatz darauf, möglichst schnellstmöglich Budgeteinsparungen vorzunehmen", sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Wochenende.

Unter anderem wollen die Grünen den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid stärker besteuern als bislang von der großen Koalition geplant. In den Bereichen Verkehr und Wärme solle die Energiebesteuerung mit einer CO₂-Komponente reformiert werden, wobei der Einstiegspreis bei 40 Euro pro Tonne liegen und 2021 auf 60 Euro steigen müsse. Die Bundesregierung plant derzeit einen CO₂-Preis von nur zehn Euro ab dem Jahr 2021, der bis 2035 auf 35 Euro steigen soll.

In der Landwirtschaft wollen die Grünen eine Reduzierung der Fleischproduktion erreichen. Industrielle Tierhaltung solle in tiergerechte Haltung umgebaut werden. Öffentliche Kantinen sollen mehr vegetarische und vegane Gerichte anbieten.

Radikale Maßnahmen fordert der Parteivorstand auch im Straßenverkehr: Ab 2030 sollen nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden, für CO₂-intensive Fahrzeuge soll die Kfz-Steuer steigen. Auf Autobahnen sieht der Antrag ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometern vor, innerorts sollen die Kommunen leichter Tempo 30 einführen können. Ab 2025 solle der Bau neuer Bundesstraßen stoppen, Deutschland sei "mit Straßen ausreichend erschlossen". Erweitert werden soll dafür das Schienennetz der Bahn. Dies soll dann bis 2030 Inlandsflüge überflüssig machen. Die Steuerbefreiung für Kerosin wollen die Grünen aufheben und dafür eine Mehrwertsteuer auf alle Flugreisen einführen. Neue Start- und Landebahnen sollen nicht mehr genehmigt werden.

Der Chef der SPD-Bundestagsfraktion kritisierte den Vorstoß: Die Grünen machten neoliberale Politik für ihre gut situierte Klientel und wollten "die Lenkungsfunktion zu klimaneutralem Handeln mit einem höheren Preis erreichen", sagte Rolf Mützenich im Tagesspiegel. "Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, der Staat muss erst bestimmte Rahmenbedingungen auch und vor allem für Geringverdiener schaffen, damit die Gesellschaft umsteuern kann."

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Quelle:
SZ vom 07.10.2019
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