Umwelt:Städtetag fordert schnelle Verkehrswende

Auf den innerstädtischen Straßen soll sich viel ändern, da sind sich die deutschen Bürgermeister bei ihrem alljährigen Treffen einig. Doch fürchten sie auch den Zorn der Autofahrer.

Von Thomas Jordan, Dortmund

Vor der Westfalenhalle in Dortmund ist ein Parcours aus Hütchen abgesteckt, daneben stehen E-Roller. Ein Start-up hat sie aufgestellt, wer will, kann Probe fahren. Die Besucher des 40. Deutschen Städtetags können testen, wie sich die Verkehrswende anfühlt, für die der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) bei der Eröffnung gerade eben geworben hatte. "Dieses Jahr 2019 muss das Jahr der Mobilitätswende sein", sagte Lewe vor den etwa 1300 Teilnehmern.

Er forderte die Stadtoberhäupter auf, Bürger durch gute Angebote zum Umsteigen vom Auto auf das Rad und den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen. Der Klimawandel ist eines der großen Themen beim Treffen der deutschen Bürgermeister. Zugleich betonte Lewe, dass Verkehrs- und Umweltpolitik sozial- und gesellschaftspolitisch abgestimmt sein muss.

Vor dem Hintergrund kaum mehr bezahlbarer Mietpreise in Ballungsräumen mahnte Lewe, diejenigen nicht zu vergessen, denen die Verkehrswende erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Etwa weil sie auf das Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen. Man müsse "höllisch aufpassen", dass die nicht "ganz schnell gelbe Westen anhaben", sagte der Münsteraner OB mit Bezug auf die französische Gelbwestenbewegung, die sich auch als Reaktion auf höhere Spritpreise gegründet hatte.

Lewe forderte die Bahn auf, für eine bessere Anbindung von Stadt und Land zu sorgen. Vor einer Spaltung der Gesellschaft warnte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Eröffnungsrede. Wenn das Gespräch nicht mehr funktioniere, beginne der gesellschaftliche Zusammenhalt zu bröckeln, sagte er und appellierte an die Stadtoberhäupter, die unterschiedlichen Milieus und Gruppen, sooft es gehe, an einen Tisch zu bringen. Zugleich äußerte Steinmeier mit Blick auf Migration, Klimawandel und Wohnungsnot die Sorge, dass "wichtige Themen immer mehr zum moralischen Kampfplatz werden", und warb für mehr Kompromissbereitschaft in der Gesellschaft.

Die Herausforderung, eine klimaschonende Lebensweise in den Städten sozialverträglich zu gestalten, stellte auch der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU) in den Mittelpunkt. In Deutschland gebe es eine Kultur der Mitbestimmung, mit der verantwortliches Wirtschaften gelingen könne, sagte Laschet, "das muss uns auch ökologisch gelingen". Er forderte zudem ein Kohleausstiegsgesetz, auf dessen Grundlage gerade Industrieländer wie Nordrhein-Westfalen in Zukunft den Strukturwandel weiter vorantreiben können. Dabei signalisierte er, bei der Umweltpolitik aufs Tempo drücken zu wollen: Er sprach sich dafür aus, die Regelwerke für kommunale Behörden zu verschlanken und Genehmigungsverfahren, etwa für innovative Energiespeicherlösungen an ehemaligen Braunkohlestandorten, zu beschleunigen.

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