Umwelt:Klimaziel außer Reichweite

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Mehr Wachstum, billiges Öl und darum mehr Emissionen: Einer Studie zufolge kann Deutschland die eigenen Ansprüche an die Umweltpolitik kaum noch erfüllen - jedenfalls nicht, wenn die Politik nicht kräftig umsteuert.

Von Michael Bauchmüller und Julian Freitag, Berlin

Deutschland droht beim Klimaschutz eine Blamage. Ursprünglich wollte der Bund bis 2020 um 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als noch 1990 - kein anderes Industrieland hatte sich höhere Ziele gesteckt. Doch stattdessen könnten es am Ende nur 30 bis 31 Prozent werden. Das geht aus Berechnungen hervor, die der Berliner Thinktank Agora Energiewende am Donnerstag vorgelegt hat. Er hatte die bisherigen Berechnungen der Bundesregierung um aktuellere Zahlen angereichert, etwa das weiterhin hohe Wirtschaftswachstum und steigende Bevölkerungszahlen. Auch lassen niedrige Ölpreise den Verbrauch fossiler Energien steigen - und damit die Emissionen.

Derzeit hat Deutschland knapp 28 Prozent Minderung erreicht. Ergreife die Bundesregierung keine weiteren Maßnahmen, so heißt es in der Analyse, würden die deutschen Emissionen um 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid höher ausfallen als bislang erwartet. Damit werde das Klimaziel "eklatant verfehlt". Auch Umweltschützer schlugen Alarm. "Die Klimaschutzbilanz der aktuellen Regierung verdient nicht mehr als ein Ungenügend", sagte Michael Schäfer, Klimaexperte der Umweltstiftung WWF. Eine neue Regierung müsse rasch ein "Sofortprogramm Klimaschutz" auflegen, inklusive der Abschaltung älterer Kohlekraftwerke. Dagegen sprach Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) von einer "äußerst negativen Einschätzung", die sie nicht teile. Allerdings sei "unbestritten, dass zu Beginn der kommenden Legislaturperiode noch einmal kräftig nachgesteuert werden muss". Konkret verlangte sie einen schnelleren Ausbau des Ökostroms und mehr Elektroautos.

Dringenden Handlungsbedarf sehen auch die Autoren des "Generationenmanifests". Der Zehn-Punkte-Plan, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, verlangt mehr Rücksicht auf künftige Generationen. Wolle man der Verantwortung gegenüber Enkeln und Urenkeln gerecht werden, erfordere das eine entschiedene Klimapolitik - ebenso wie den Einsatz für Frieden, Entwicklung und eine saubere Umwelt, heißt es in dem Papier. Stattdessen stoße man beim Umweltschutz "auf eine Mauer des Schweigens und Verdrängens", sagte der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber.

In dem Manifest verlangen rund 40 Unterzeichner aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft unter anderem den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis 2040. Auch müsse die "Generationengerechtigkeit" im Grundgesetz verankert werden, um diese im Zweifel einklagen zu können. Hinter der Initiative steht die überparteiliche Generationen-Stiftung. Bis zum Beginn etwaiger Koalitionsverhandlungen wollen die Initiatoren 200 000 Unterschriften sammeln.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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