Umwelt:Das Machtwort bleibt aus

Kurz vor der Klimakonferenz ist die deutsche Position noch unklar. Merkel will im Klima-Streit der Ministerien nicht einschreiten.

Von Markus Balser, Nico Fried, Berlin

Der Klimaschutzplan von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) entzweit die große Koalition. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies am Mittwoch die Forderung von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nach einem Machtwort zurück. "Ich habe heute mit der Ministerin gesprochen. Zuerst müssen auf höchster Ebene zwischen den Ressorts Gespräche stattfinden", forderte Merkel. Bisher hätten die Minister noch gar nicht miteinander geredet. "Erst wenn es dann noch immer keine Einigung gibt, kann das Kanzleramt einschreiten." Hendricks hatte zuvor eine "Blockadehaltung der Union" beim Klimaschutz beklagt und die Kanzlerin zum Einschreiten aufgefordert. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Deutschland kommende Woche ohne neue Ziele zum nächsten UN-Klimagipfel in Marrakesch reisen muss. Das gilt als internationale Blamage für den Klimavorreiter. Doch wochenlange Gespräche haben bislang zu keinem Ergebnis geführt. Vor allem das Verkehrsministerium von Alexander Dobrindt (CSU) und das Agrarministerium von Christian Schmidt (CSU) blieben mit ihren Emissionszielen hinter den Erwartungen des Umweltressorts zurück. Es gehe um schwierige Fragen und die Zukunft wichtiger Branchen wie der Automobilindustrie, erklärte Merkel. Dennoch müsse es eine schnelle Einigung geben. Der Klimaschutzplan sei auch im Koalitionsvertrag fest vereinbart worden.

Das Umweltbundesamt erhöhte unterdessen den Druck auf die Regierung. "Deutschland hat das Klimaabkommen von Paris unterzeichnet. Das Abkommen gilt natürlich nicht nur für das Umweltministerium, sondern verpflichtet ganz Deutschland", sagte die Präsidentin des Umweltbundesamts, Maria Krautzberger, der Süddeutschen Zeitung. "Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir nun schnell im Klimaschutzplan die notwendigen Ziele festzurren, um den CO₂-Ausstoß bis 2050 drastisch zu senken. Wir galten bislang weltweit als Schrittmacher im Klimaschutz. Das sollte so bleiben. Zumindest muss schnell der politische Rahmen gesetzt werden, damit der Klimagasausstoß bis 2050 tatsächlich drastisch sinkt. Das Zeitfenster dafür ist klein."

Landwirtschaftsminister Schmidt mahnt an, die Klimaziele müssten ökonomisch verkraftbar sein

Der Streit um den Klimaschutzplan 2050, der den Weg in eine weitgehend emissionsfreie Gesellschaft weisen soll, hat offenbar aber auch neue Bewegung in die Debatte gebracht. Es sei nicht einmal mehr auszuschließen, dass es doch noch in letzter Minute zu einer Einigung kommen werde, die Deutschland in Marrakesch präsentieren könne, hieß es am Mittwoch in Regierungskreisen.

Die Verhandlungen dürften jedoch hart werden. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt forderte Kompromissbereitschaft von Umweltministerin Hendricks. "Wir haben geliefert, und wir erwarten jetzt, dass in der Schlussrunde auch in Fairness und Offenheit und Zielstrebigkeit verhandelt wird." Er akzeptiere, dass die Landwirtschaft die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase verringern müsse. Allerdings müsse das ökonomisch verkraftbar sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: