Umwelt:Abflug in die Unglaubwürdigkeit

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Der Chef des UN-Umweltprogramms reist so viel, dass nicht nur seine CO₂-Spur ein Problem wird. An seinem Dienstsitz in Nairobi war der Norweger Erik Solheim bisher jedenfalls eher selten zu finden.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Zu den Aufgaben des Chefs des UN-Umweltprogramms Unep gehört es eigentlich, die Kohlenstoffdioxid-Emissionen auf der Welt zu reduzieren. Oder es zumindest zu versuchen. Erik Solheim, seit 2016 Unep-Chef, reist laut einem internen Bericht aber so viel mit dem Flugzeug um die Welt, dass sein "Verhalten dem Ethos der Kohlenstoffdioxid-Reduzierung widerspricht". Der Bericht des Büros der internen Kontrolle (Oios) bezeichnet das Verhalten Solheims sogar als "Risiko for die Glaubwürdigkeit der Organisation".

Die Rechnungsprüfer untersuchten einen Zeitraum von 668 Arbeitstagen, von denen sich Solheim an 529 Tagen nicht an seinem Dienstort Nairobi in Kenia aufhielt, sondern um die Welt flog und dabei Reisekosten von 488 518 Dollar verursachte. Er verbrachte damit nur etwa 20 Prozent seiner Zeit im Unep-Hauptquartier. Besonders oft hielt er sich dagegen in Paris und Oslo auf. Solheim war ein Jahrzehnt lang Vorsitzender der norwegischen Sozialisten und anschließend Umweltminister, später arbeitete er für die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris. Dorthin flog er als Unep-Chef gerne für Wochenendausflüge; die Rechnungsprüfer kritisierten, dass Solheim von New York aus für ein Wochenende an die Seine flog, um anschließend nach Washington weiterzureisen.

Solheim selbst hatte in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, dass er ein unkritisches Verhältnis zur Vielfliegerei habe. Die Menschen sollten nicht dauernd "Schuldgefühle" haben, sagte er einem norwegischen Luftfahrtmagazin, er selbst besitze den Goldstatus bei drei Vielfliegerallianzen. Nach Angaben der UN-Ermittler hat sich das gesamte Reisebudget von Unep während der Amtszeit von Solheim fast verdoppelt. Der UN-Bericht dokumentiert auch die Antworten Solheims auf Nachfragen der Rechnungsprüfer: Als diese Arbeitsnachweise für 76 Tage verlangten und wissen wollten, ob eine Reise in seine Heimat Oslo rein dienstlicher Natur gewesen sei, antwortete er: "Wir leben nicht mehr im Industriezeitalter . . . Und Sie müssen aufhören, mich wie einen Fabrikarbeiter zu behandeln . . . und aufhören, dumme Fragen zu stellen."

Solheims Führungsstil scheint mittlerweile die Arbeitsfähigkeit der gesamten Behörde mit etwa 1200 Mitarbeitern zu gefährden. Solheim pflege einen "willkürlichen und diktatorischen Führungsstil", kritisieren die Rechnungsprüfer, die insgesamt 596 Dienstreisen von 32 Managern untersuchten. Bei 410 dieser Reisen seien die vorgeschriebenen Einsatzberichte nicht abgegeben worden. "Viele von uns waren begeistert, als Solheim kam", zitiert die britische Zeitung Guardian einen anonymen Unep-Mitarbeiter. "Er ist Norweger und ein ehemaliger Umweltminister, ein traumhafter Lebenslauf - der zum Albtraum wurde." Solheim hat sich mittlerweile bereit erklärt, etwa 6000 Dollar zurück zu zahlen.

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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