Machtwechsel in Paraguay:Parlament setzt Präsident Lugo ab

Paraguays Präsident Fernando Lugo ist vom Parlament seines Amtes enthoben worden. Eine Mehrheit des Senats sprach sich dafür aus. Lugo wird für den Tod von 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Landarbeitern und der Polizei verantwortlich gemacht. Südamerikanische Staatschefs kritisierten das Vorgehen.

Das Parlament von Paraguay hat Präsident Fernando Lugo abgesetzt. Die Abgeordnetenkammer hatte am Donnerstag die Amtsenthebungsklage beim Senat eingereicht. Das Gremium in Asunción stimmte am Freitag mit 39 zu 4 Stimmen dafür.

Machtwechsel in Paraguay: Als tiefe Wunde für die Demokratie bezeichnete Fernando Lugo den Urteilsspruch des Senats über seine Absetzung.

Als tiefe Wunde für die Demokratie bezeichnete Fernando Lugo den Urteilsspruch des Senats über seine Absetzung.

(Foto: AP)

Dem Staatschef wird eine "schlechte Ausübung" seines Amtes in Zusammenhang mit blutigen Bauernprotesten vorgeworfen. Lugo soll unter anderem für den Tod von 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Landbesetzern und Polizisten politisch verantwortlich sein. Der ehemalige Bischof, der als Streiter für die Armen angetreten war, hatte das Amt rund vier Jahre inne. Seine Amtsübernahme war ein historischer Machtwechsel und beendete mehr als sechs Jahrzehnte Herrschaft der Colorado-Partei. Seine linksgerichtete Politik stieß jedoch zunehmend auf Widerstand in der eigenen Koalition.

Noch am Freitagabend wurde der bisherige Vizepräsident Federico Franco als neuer Staatschef vereidigt. Franco gehört der "Liberal-radikal authentischen Partei" (PLRA) an, die sich kurz nach dem Wahlsieg Lugos von der bunten Mitte-Links-Koalition des parteilosen Präsidenten weitgehend distanzierte. Der neue Präsident soll das Amt bis zu den Wahlen im April 2013 ausüben.

Die Verteidiger Lugos beanstandeten vor dem Senat, dem Präsidenten sei keine Zeit zur rechtmäßigen Vorbereitung seiner Verteidigung gewährt worden. Lugo erklärte am Freitagabend (Ortszeit), der Urteilsspruch stelle eine tiefe Wunde für die Demokratie dar. Er akzeptiere jedoch die Entscheidung des Parlaments, obwohl sein Verteidigungsrecht nicht beachtet worden sei. Eine Klage Lugos beim Obersten Gerichtshof gegen das Amtsenthebungsverfahren blieb bis zum Urteilsspruch des Senats erfolglos.

Franco rief bei seiner Amtsübernahme zur nationalen Einheit aller Parteien auf und kündigte eine aktivere Förderung einer nachhaltigen Agrarpolitik an. In Paraguay gibt es zahlreiche Konflikte um den Besitz von Agrarland. Vor einer Woche hatten rund 100 Bauern zu den Waffen gegriffen, als die Polizei sie von einem seit drei Wochen besetzten Landgut vertreiben wollte. Bei den Auseinandersetzungen starben sechs Polizisten und mindestens elf Landarbeiter.

Vor dem Parlamentsgebäude kam es nach der Absetzung zu Zusammenstößen zwischen Anhängern Lugos und der Polizei. Dabei setzten die Beamten Wasserwerfer und Tränengas ein. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte das Amtsenthebungsverfahren als "etwas übereilt" kritisiert. Die Außenminister der Südamerikanischen Staaten-Union (UNASUR) erklärten in Asunción, der Vorgang im Parlament stelle eine Bedrohung der demokratischen Ordnung dar. Ecuadors Präsident Rafael Correa erklärte in Quito, er werde die neue Führung Paraguays nicht anerkennen. Auch die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner verurteilte die Absetzung Lugos. Das Verfahren sei nicht hinnehmbar. "Es besteht kein Zweifel, dass es einen Staatsstreich gegeben hat", sage Kirchner, wie die das Präsidentenamt auf seiner Website mitteilte. "Das ist inakzeptabel."

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