Umsturz in Kirgistan:Blutrote Tulpensaat

Der Umsturz in Kirgistan bringt nicht automatisch Veränderung. Wurzel allen Übels ist ein System, das von Vetternwirtschaft und Selbstbedienung lebt - und die Einmischung der Großmächte.

Cathrin Kahlweit

Korruption, mafiöse Strukturen, übermächtige Clans, starker Geheimdienst, schwaches Parlament, verhasste Regierung, tiefe Armut - die Lage in Kirgistan könnte verzweifelter kaum sein.

Das war vor fünf Jahren, als die sogenannte Tulpenrevolution in dem zentralasiatischen Land losbrach, nicht viel anders, nur zeigt sich der Volkszorn jetzt weit brutaler: Der Frust der Bevölkerung ist mittlerweile so groß, dass der Protest umkippt in Straßenschlachten, dass die Sicherheitskräfte töten, und dass jeder Versuch, einen friedlichen Politikwechsel herbeizuführen, scheitern muss.

Ob die Regierung von Kurmanbek Bakijew tatsächlich gestürzt ist, ob sie sich doch noch mit Macht halten kann, das werden die nächsten Tage zeigen.

Die nächsten Jahre aber werden zeigen müssen, ob die neuen Köpfe das verkrustete System, das von Vetternwirtschaft und Selbstbedienung lebt, umwälzen können. Die Beharrungskräfte in der von traditionellen wie postsowjetischen Strukturen geprägten kirgisischen Gesellschaft sind stark.

Auch im März 2005 hatten sich wütende Bürger gegen ein Regime erhoben, das ihnen zu russlandfreundlich und zu korrupt war; der Aufstand wurde damals in eine Reihe gestellt mit den Aufständen in Georgien und der Ukraine. Ersetzt wurde aber nur ein Teil der alten Elite durch einen anderen. Jetzt geht es um mehr.

Aber damals wie heute reden andere mit. Das arme Land ist politisch von ausländischen Mächten abhängig. Die USA brauchen Kirgistan als Militärstützpunkt, die Russen ebenfalls.

China hat massive wirtschaftliche Interessen. Keine der drei mächtigen Nationen wird sich vom Volk eine Regierung aufzwingen lassen, die nicht auch ihre Interessen vertritt.

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