Umstrittenes Wahlkampfvideo:Volle Punktzahl auf der Wahllügen-Skala

Lesezeit: 3 min

Obamas eigenes Team hat sich von dem Wahlwerbespot distanziert. Es argumentiert damit, dass die Kampagnenbüros der Kandidaten mit den umstrittenen Super-Pacs keine inhaltichen Absprachen träfen. Dies wäre auch verboten, allerdings agieren die Super-Pacs in der Regel im Sinne des unterstützten Kandidaten. "Priorities USA Action" wurde sogar von zwei ehemaligen Wahlkampf-Mitarbeitern des Präsidenten gegründet.

Umstrittenes Wahlkampfvideo: Ehemaliger Stahlarbeiter Joe Soptic: "Ich glaube nicht, dass Mitt Romney klar ist, was er den Menschen angetan hat."

Ehemaliger Stahlarbeiter Joe Soptic: "Ich glaube nicht, dass Mitt Romney klar ist, was er den Menschen angetan hat."

Obamas stellvertretende Kampagnen-Managerin Stephanie Cutter erklärte, sie sei mit den Fakten "nicht vertraut". Dabei war Soptic laut Politico auch in einem offiziellen Wahlkampfvideo des Präsidenten zu sehen. Außerdem war er zu Gast in einer telefonischen Pressekonferenz der Obama-Kampagne. Die Moderatorin der Telefonrunde: Stephanie Cutter.

Ob Mitt Romney überhaupt an der Schließung der Stahlfabrik beteiligt war, ist unklar. Es ist umstritten, ob der republikanische Präsidentschaftsbewerber zwischen 1999 und 2001 noch aktiv in die Entscheidungen des Unternehmens eingebunden war.

Bain Capital hatte unter seiner Führung die Stahlfirma GS Technologies, in der Soptic arbeitete, 1993 gekauft. 2001 ging die Firma im Zuge des Niedergangs der Stahlbranche in die Insolvenz, 750 Mitarbeiter der Stahlhütte in Kansas City verloren ihre Arbeitsstelle. Bain Capital konnte nach Angaben der Los Angeles Times allerdings in den acht Jahren einen Nettogewinn von etwa 25 Millionen Dollar aus dem Unternehmen ziehen, wohingegen die Schulden von CS Technologies zwischen 1995 und 2002 von 378 Millionen auf 554 Millionen Dollar wuchsen.

"Attack Ads" verschärfen den Wahlkampf

Dass der Tod von Ranae Soptic als Folge dieses Geschäfts dargestellt wird, passt in den sich verschärfenden Wahlkampf. Dort nehmen inzwischen sogenannte Attack Ads zur Diskreditierung des Gegners immer größeren Raum ein. "Dieser Wahlwerbespot dehnt auf jeder Ebene die Grenzen des gesunden Menschenverstands und des Anstands", lautet deshalb das Urteil im Fact-Check-Blog der Washington Post, das mit vier "Pinocchios" die volle Wahllügen-Punktzahl vergibt.

Joe Soptic fand nach seiner Entlassung übrigens wieder einen Job als Wächter an einer Schule, der allerdings deutlich schlechter bezahlt ist. Inzwischen hat er ein zweites Mal geheiratet. "Es ist alles glücklich ausgegangen", sagte Soptic der Washington Post.

Lesen Sie aktuelle Analysen, Anekdoten und Hintergrundberichte zum US-Wahlkampf in unserem US-Wahlblog.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema