Süddeutsche Zeitung

Umstrittene Wahlkampfhilfe:AfD-Spendenaffäre kommt vor Gericht

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Gerade erst wurde Alice Weidel zur Spitzenkandidatin der AfD gekürt. Bereits zum Wahlkampf-Start kommt ihr ein altbekannter Skandal in die Quere. Mitte Juni befasst sich damit das Verwaltungsgericht Berlin.

Von Markus Balser, Berlin

Als Alice Weidel und Tino Chrupalla am Dienstag in den Räumen der Bundespressekonferenz vor die Kameras traten, sollte es nach Aufbruch und Wahlkampfstart klingen. Die Fraktionschefin und der Co-Parteichef der AfD waren gerade von den Mitgliedern der größten deutschen Oppositionspartei zu Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst gekürt worden. Die Partei müsse nun den Streit hinter sich lassen, um "gemeinsam und einig in die Wahl zu ziehen", forderte Weidel. Doch schon wenige Tage später wird klar: So einfach wird das mit dem unbelasteten Wahlkampf nicht. Bereits im Juni kocht ein Thema hoch, das den Start erschwert: die Spendenaffäre der Partei.

Das Verwaltungsgericht Berlin will nach Informationen der Süddeutschen Zeitung am 16. Juni über eine Klage der Partei gegen eine von der Bundestagsverwaltung verhängte Strafe verhandeln. Das kündigte ein Sprecher des Gerichts an. In dem Verfahren geht es um Spenden in Höhe von 132 000 Euro, die bereits 2017 auf das Konto von Alice Weidels AfD-Kreisverband Bodensee geflossen waren. Gewidmet waren sie Weidels Wahlkampf für die vergangene Bundestagswahl. Die Bundestagsverwaltung hatte die Zuwendungen Ende des vergangenen Jahres als illegal eingestuft und eine Strafe in Höhe des dreifachen Betrags verhängt - rund 396 000 Euro. Dagegen ging die AfD mit ihrer Klage vor.

Vor dem Verwaltungsgericht wird der Fall nun erneut aufgerollt. Die Bundestagsverwaltung sieht es als erwiesen an, dass der AfD-Kreisverband Bodenseekreis, dessen stellvertretende Vorsitzende Weidel ist, das zwischen Juli und September 2017 aus der Schweiz geflossene Geld zu Unrecht verbucht hat. Nach ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen das im Parteiengesetz verankerte Verbot vor, Spenden anzunehmen, die im Einzelfall mehr als 500 Euro betragen und bei denen der Spender nicht feststellbar ist.

Die AfD und Alice Weidel halten die Strafe dagegen für unrechtmäßig. Die Partei und Weidel sehen sich auch deshalb im Recht, weil der Kreisverband das Geld zurücküberwiesen hatte. "Der bedeutende Umstand, dass die gesamte Summe lange vor Bekanntwerden der Zahlungen zurücküberwiesen wurde, wird im Bescheid der Bundestagsverwaltung nicht gewürdigt", sagte ein Sprecher Weidels am Donnerstag. "Frau Weidel hat keinen Nutzen daraus gezogen. Ihr ist kein persönliches Fehlverhalten vorzuwerfen." Die AfD wollte sich am Donnerstag nach Angaben eines Sprechers zu dem laufenden Verfahren nicht äußern.

Die Zahlungen liefen über Pharmafirmen und waren auch an sie zurücküberwiesen worden. Die Bundestagsverwaltung, aber auch die Bundesebene der AfD hatten davon zunächst nichts erfahren. Später zeigte sich, dass das Geld wohl nicht von den Firmen selbst, sondern von einem Unternehmer stammte. Zu ihm hatten nachgereichte Namenslisten mit den angeblich wahren Spendern geführt, die allerdings Namen von Strohleuten enthielten.

Die Wahl der Spitzenkandidaten Anfang der Woche hatte für die AfD große Bedeutung. Sie galt als Test für die Machtverhältnisse in der zerstrittenen Partei. Die beiden angetretenen Teams standen für rivalisierende Strömungen. Das Team aus Chrupalla und Weidel kann auf die Unterstützung des rechtsnationalen Lagers der AfD um den Thüringer Landeschef Björn Höcke zählen. Das unterlegene Duo aus der Bundestagsabgeordneten Joana Cotar und dem niedersächsischen Politiker Joachim Wundrak gehört zum Lager um Parteichef Jörg Meuthen, der einen wirtschaftsliberalen und für AfD-Verhältnisse gemäßigteren Kurs verfolgt.

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