Umstrittene Wahlgesetzreform:Unruhen in der Demokratischen Republik Kongo

Unruhen in Kongo

Soldaten lösen in Kongos Hauptstadt Kinshasa eine Demonstration auf - zahlreiche Menschen fliehen.

(Foto: AFP)
  • Heftige Unruhen erschüttern die Demokratische Republik Kongo. Regierungsgegner protestieren gegen Präsident Joseph Kabila und dessen Pläner zu einer Wahlrechtsreform.
  • Nach zwei Amtszeiten müsste Kabila Ende 2016 abtreten. Seine Regierung hat nun ein neues Gesetz vorgelegt, wonach vor der nächsten Wahl eine Volkszählung stattfinden muss, was Jahre dauern würde.
  • Bei den Unruhen in der Hauptstadt Kinshasa und in der Großstadt Goma sollen Aktivisten zufolge mehr als 40 Personen ums Leben gekommen sein.

Von Isabel Pfaff

Am dritten Tag in Folge haben heftige Unruhen die Demokratische Republik Kongo erschüttert. Regierungsgegner setzten am Mittwoch ihre Proteste gegen Präsident Joseph Kabila und die von ihm forcierte Wahlrechtsreform fort. Medien berichteten vor allem über Zusammenstöße in der Hauptstadt Kinshasa und in Goma, einer Großstadt im Osten des Landes. Nach Angaben kongolesischer Menschenrechtsaktivisten sind bislang 42 Menschen bei den Protesten umgekommen. Behördenvertreter sprachen von 15 Toten, darunter ein Polizist. Keine der Zahlen konnte unabhängig bestätigt werden.

Die Demonstranten werfen Präsident Kabila vor, länger an der Macht bleiben zu wollen als erlaubt. Die Verfassung des Landes gewährt dem Staatschef nur zwei Amtszeiten in Folge, demnach müsste Kabila Ende 2016 abtreten. Doch seine Regierung hat dem Parlament ein neues Gesetz vorgelegt, wonach vor der nächsten Wahl eine Volkszählung stattfinden muss - ein Projekt, das in einem Land wie dem Kongo mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. Der flächenmäßig zweitgrößte Staat Afrikas ist nicht nur riesig, sondern auch dürftig erschlossen. Solange die Zählung dauert, kann nicht gewählt werden.

Kabila enttäuschte die Hoffnungen

Geht das Gesetz durch, könnte sich Kabila also Jahre über 2016 hinaus an der Macht halten. Dabei ist der 43-Jährige schon seit 2001 Präsident des Kongo. Damals übernahm er das Amt von seinem ermordeten Vater Laurent-Désiré Kabila, der als Rebellenchef Diktator Mobutu Sese Seko gestürzt hatte.

Als schüchtern auftretender Übergangspräsident erwarb sich Joseph Kabila zunächst den Ruf eines demokratie- und friedenswilligen Staatschefs. 2006, in den ersten freien Wahlen seit der Unabhängigkeit bestätigten ihn die Kongolesen im Amt. Doch schon einige Jahre darauf zeigte sich, dass der junge Präsident seine Versprechen nicht hielt: Reformen und Stabilität sind bis heute ausgeblieben.

Am Samstag stimmte die Nationalversammlung nun der Änderung des Wahlgesetzes zu, woraufhin die Opposition zu Protesten aufrief. Am Dienstag debattierte die zweite Kammer, der Senat, darüber. Fortgesetzt wird der Abstimmungsprozess an diesem Donnerstag, bis dahin wollen die Regierungsgegner den Druck auf den Straßen aufrechterhalten.

Parallelen zum "afrikanischen Frühling" in Burkina Faso

Die Proteste erinnern an die Revolte im westafrikanischen Burkina Faso, wo es der Bevölkerung im vergangenen Herbst gelang, den Langzeitpräsidenten Blaise Compaoré aus dem Amt zu jagen. Auch Compaoré hatte versucht, länger als verfassungsmäßig vorgesehen an der Macht zu bleiben. Der Volksaufstand wurde als Beginn eines "afrikanischen Frühlings" gefeiert. Einige bezeichnen die Proteste gegen Kabila als Fortsetzung - doch die Gewalt im Kongo übersteigt jene in Burkina Faso.

Medienberichten und Twitter-Nachrichten zufolge setzen Polizei und Armee Tränengas und Schüsse gegen die zumeist jugendlichen Demonstranten ein. Auf Twitter kursieren Fotos von blutverschmierten Männern. Die Demonstranten wiederum sollen Steine geworfen und Reifen angezündet haben; auch von Plünderungen wird berichtet.

Insgesamt dringen nur wenige Informationen aus dem Land, da die Regierung seit Dienstag in Kinshasa und anderen Städten Telefon- und Internetverbindungen kappen lässt. Im Osten des Landes loggen sich Demonstranten in die Netze der Nachbarländer ein. Offenbar sind auch die Radiosignale einiger Sender gestört, darunter auch die des französischen Auslandskanals RFI.

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