Die israelische Regierung stattet einem Medienbericht zufolge in Deutschland produzierte und zu großen Teilen von der Bundesregierung finanzierte Unterseeboote mit Atomwaffen aus. Die Schiffe würden mit nuklear bestückten Marschflugkörpern ausgerüstet, die mittels eines bislang geheimen hydraulischen Ausstoßsystems abgeschossen werden könnten, berichtete der Spiegel.
Berlin verteidigt die umstrittene Lieferung von deutschen U-Booten an Israel. "Die Bundesregierung steht mit der Lieferung von U-Booten an Israel in der Kontinuität ihrer Vorgängerregierungen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag Spiegel-Online. "Die Lieferung erfolgt ohne Bewaffnung; an Spekulationen über die spätere Bewaffnung beteiligt sich die Bundesregierung nicht." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich, wie ihre Vorgänger, mehrfach zur besonderen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels geäußert.
Auch das Auswärtige Amt gab eine kurze Stellungnahme ab. "Ganz grundsätzlich gilt, dass das Recht Israels, in Sicherheit zu leben, eine der Grundkoordinaten deutscher Nahostpolitik ist", sagte Andreas Peschke, Sprecher von Außenminister Guido Westerwelle (FDP), dem Onlineportal.
Dagegen verlangte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich, die Bundesregierung müsse jetzt endlich darüber Auskunft geben, ob Informationen zutreffen, wonach die von Deutschland gelieferten U-Boote auch mit Trägersystemen ausgerüstet werden können, die atomare Sprengköpfe tragen. "Bisher wurden die Lieferungen unter anderem damit gerechtfertigt, dass die U-Boote konventionelle Abschreckungssysteme sind", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Kritik kommt auch von den Grünen. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte der Welt, es sei "verwunderlich", dass die Bundesregierung ihre eigenen Bedingungen "nicht ernst nimmt". Die Bundesregierung habe die Lieferung des letzten von insgesamt drei U-Booten der Dolphin-Klasse davon abhängig gemacht, "dass die israelische Siedlungspolitik geändert, der Bau eines Klärwerks in Gaza ermöglicht und die Rückzahlung palästinensischen Geldes an die Palästinenser-Behörde endlich vollzogen wird", sagte Trittin. Israel habe jedoch nur die dritte Bedingung erfüllt.
Ranghohe Beamte gingen schon lange von Atomwaffen auf den Schiffen aus
Ehemalige hochrangige Beamte aus dem Bundesverteidigungsministerium wie der frühere Staatssekretär Lothar Rühl oder der einstige Chef des Planungsstabs, Hans Rühle, sagten laut Spiegel , sie seien schon immer davon ausgegangen, dass Israel auf den Schiffen Atomwaffen stationieren werde. Aus Akten des Auswärtigen Amts gehe zudem hervor, dass die Bundesregierung seit dem Jahr 1961 über die Praxis informiert sei.
Nach Spiegel-Angaben werden die fraglichen Schiffe von einer Werft in Kiel gebaut. Drei U-Boote wurden demnach bereits ausgeliefert, drei weitere sollen bis zum Jahr 2017 übergeben werden. Zudem erwäge Israel, noch einmal drei Schiffe zu bestellen. Den Vertrag über die Lieferung des sechsten Boots unterschrieb die Bundesregierung dem Bericht zufolge erst kürzlich.
Für dieses sechste Boot übernehme die Bundesregierung mit 135 Millionen Euro ein Drittel der Kosten und stunde zudem den israelischen Anteil bis zum Jahr 2015, schrieb der Spiegel. Als Gegenleistung erhoffe sich Deutschland unter anderem eine Wende in der israelischen Siedlungspolitik. Aus der israelischen Regierung gibt es für einen solchen Schritt bislang jedoch keine Anzeichen.
Iran in Reichweite
Offiziell äußert sich Israel nicht zur Existenz seines Nuklearwaffenprogramms. Die Bundesregierung zieht sich deshalb darauf zurück, dass sie nichts von einer atomaren Bewaffnung wisse. Ausländische Medien berichten seit Jahren, die deutschen U-Boote könnten mit Raketen mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet werden.
Die mit Kernwaffen ausgerüsteten U-Boote sollten Israels atomare Zweitschlagskapazität gewährleisten und damit als Abschreckung dienen, schreibt der Spiegel. Die Flugkörper seien laut Experten vom israelischen Rüstungskonzern Rafael gebaut worden. Sie seien eine Weiterentwicklung des Marschflugkörpers Popeye Turbo SLCM, der mit einer Reichweite von etwa 1500 Kilometern und einem bis zu 200 Kilogramm schweren Sprengkopf den Iran erreichen könnte. Der Abschuss könne mit Hilfe eines neuartigen hydraulischen Ausstoßsystems erfolgen.
Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass hatte Anfang April mit dem israelkritischen Gedicht "Was gesagt werden muss" für heftige Diskussionen gesorgt. Darin schrieb er, Israel bedrohe als Atommacht den Weltfrieden und könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen. Israel dürfe deshalb keine deutschen U-Boote mehr erhalten. Israel verbot Grass wegen seiner Äußerungen die Einreise.