Umstrittene Koran-Aktion:Verfassungsschutz beobachtet Salafisten

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In Fußgängerzonen mehrerer deutscher Städte haben radikale muslimische Organisationen Ende März Ausgaben des Korans verteilt. An diesem Wochenende soll die Aktion weitergehen. Polizei und Verfassungsschutz können das nicht verbieten, sondern nur beobachten. Genau wie die anti-islamischen Provokationen der rechtspopulistischen Splitterpartei Pro-NRW.

Susanne Höll

Die deutschen Sicherheitsbehörden können radikale muslimische Organisationen nicht daran hindern, den Koran in Fußgängerzonen zu verteilen. Sowohl der Verkauf als auch die Vergabe religiöser Schriften sei ein grundgesetzlich verbrieftes Recht, das man aus guten Gründen nicht beschneiden könne, sagten hochrangige Vertreter von Sicherheitsbehörden des Bundes am Freitag in Berlin.

Solange die Organisatoren nicht gegen geltendes Recht verstießen, niemanden beleidigten und keine Hetze betrieben, könne man nicht einschreiten. Polizei und Verfassungsschutz versicherten aber, die Salafisten-Gruppe, die Ende März in mehreren deutschen Städten Korane verschenkt hat und die an diesem Wochenende ihre Aktionen fortsetzen will, fest im Blick zu haben.

Auch sammeln Polizei und Verfassungsschutz in Bund und Ländern Erkenntnisse über Umtriebe der radikalen Salafisten-Gruppe, die sich um den in Köln ansässigen früheren Geschäftsmann Ibrahim Abou Nagie gesammelt hat. Ein Verbot der Organisation wäre möglich, wenn man ihr nachweisen kann, dass sie mit aggressiv-kämpferischen Mitteln gegen die deutsche Verfassung agiert.

Ein Verbot der Organisation ist schwierig

Zwar sind die Anforderungen dafür etwas geringer als bei einem Parteienverbot, das für die rechtsextreme NPD geprüft werden soll. Doch die Hürden seien gleichwohl hoch. Selbst wenn es gelingen sollte, Mitgliedern der Organisation Straftaten nachzuweisen, reiche das für ein Verbot nur dann aus, wenn man diese der Gruppe zuschreiben könne.

Vor gut einem Jahr hatte das Bundesinnenministerium ein Verbotsverfahren gegen den salafistischen Verein "Einladung zum Paradies" begonnen. Nach bundesweiten Durchsuchungsaktionen hatte sich die Organisation aber aufgelöst.

Möglicherweise stoßen die Behörden bei ihren Ermittlungen gegen einen Deutsch-Tunesier auf weitere Erkenntnisse über radikale Umtriebe der Organisationen. Der Mann werde, wie es heißt, verdächtigt, ein Droh-Video gegen zwei deutsche Journalisten ins Netz gestellt zu haben, von denen zumindest einer über die Koran-Aktion berichtet hatte. Man prüfe, wie eng dieser Mann mit der Salafisten-Gruppe zusammenarbeite. Je nach Ergebnis würden die Behörden "gebotene Maßnahmen treffen", hieß es.

Rechtspopulisten provozieren vor Moscheen

Die beiden Journalisten sind nach Einschätzung des Bundeskriminalamts nicht in akuter Gefahr. Mit der Koran-Aktion will Nagie nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden Werbung für seine Gruppe machen, sich gegenüber konkurrierenden Salafisten-Organisationen profilieren und neue Anhänger gewinnen.

Sorge bereitet den deutschen Sicherheitsbehörden auch eine geplante Aktion der rechtspopulistischen nordrhein-westfälischen Splitterpartei Pro NRW. Sie hat zu einem Karikaturen-Wettbewerb zum Thema Islam aufgerufen und will Ende April die Einsendungen vor Moscheen ausstellen. Die Behörden sehen bislang keine Möglichkeit, diese Aktion zu unterbinden.

Bundessicherheitsbehörden fürchten, dass anti-islamische Provokationen radikale Islamisten zu Gewalttaten gegen deutsche Staatsbürger oder deutsche Einrichtungen anstacheln könnten. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz habe die Aktivisten von Pro NRW im Auge, hieß es.

© SZ vom 14.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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