Umstrittene Hartz-IV-Äußerungen:CSU-Nachwuchs fordert Rücktritt von Mißfelder

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Der JU-Bundesvorsitzende Mißfelder hat Langzeitarbeitslose verspottet - nun geißelt ausgerechnet die Junge Union Bayern seine Stammtischparolen.

Der Vorsitzende der Jungen Union (JU) in Bayern, Stefan Müller, hat den Bundesvorsitzenden Philipp Mißfelder (CDU) nach dessen Äußerungen über Hartz-IV-Empfänger scharf kritisiert und zu einer Entschuldigung aufgefordert. Müller nannte Mißfelders Aussagen im Münchner Merkur "geradezu unanständig".

Unter Druck: JU-Chef Mißfelder (Foto: Foto: ddp)

"Mißfelder muss seine Aussagen so bald wie möglich zurücknehmen und sich bei den Betroffenen entschuldigen. Was er bisher dazu gesagt hat, reicht nicht aus", sagte Müller.

Von einem Bundestagsabgeordneten erwarte er mehr als wohlfeile Stammtischparolen. "Die Aussagen des Bundesvorsitzenden entsprechen nicht der Meinung der Jungen Union Bayern und sind auch so nicht haltbar", erklärte er.

Noch schärfere Töne kamen von anderen Funktionären des CSU-Nachwuchses. Der JU-Bezirk Oberbayern und mehrere bayerische Kreisverbände forderten dem Bericht zufolge den Rücktritt Mißfelders.

Georg Rohleder etwa, Chef der JU Oberbayern, nannte den Bundesvorsitzenden "eine Belastung für die JU insgesamt. Es ist unverantwortlich, die Menschen mit derartigen Äußerungen zu verunsichern".

Münchens JU-Kreisvorsitzender Maximilian Böltl forderte dem Bericht zufolge den Bundesvorsitzenden schriftlich zum Rücktritt auf. Seine Äußerungen seien diffamierend, arrogant und hochnäsig.

Kinderhilfe nimmt Mißfelder in Schutz

Seit einiger Zeit offenbare sich beim JU-Bundesverband eine elitäre Politik, die mit dem Grundsatz "näher am Menschen" der CSU nicht vereinbar sei. "Aus diesem Grund werden wir in der JU Bayern auch wieder über einen Austritt aus dem Bundesverband diskutieren", wird Böltl zitiert.

Der Oberpfälzer JU-Bezirksvorsitzende Alexander Fischer sagte der Mittelbayerischen Zeitung: "Mißfelder ist als Vorsitzender für die Junge Union untragbar."

Der Vorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff, legte Mißfelder dem eine Entschuldigung nahe. "Auch ich habe mich im Leben entschuldigt, wenn mal was daneben gegangen ist; das kann man machen", sagte Wulff dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Dies gelte insbesondere dann, wenn Äußerungen missverständlich gewesen seien. "Herr Mißfelder muss das aber selbst wissen. Dazu ist er Manns genug." In der Sache sprach sich Wulff für die Besserstellung der Kinder von Hartz-IV-Empfängern aus. Dies sei auch ein Anliegen der Senioren-Union.

Wie am Freitag bekannt wurde, hatte Mißfelder bereits am Sonntag beim Frühschoppen eines Halterner CDU-Ortsverbands gesagt, die Erhöhung von Hartz IV sei "ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie". Später relativierte er seine Äußerung. Ihm gehe es nicht um die Herabsetzung von Hartz-IV-Empfängern, sondern um eine grundsätzliche Debatte.

Unerwartete Zustimmung erhielt Mißfelder von der Deutschen Kinderhilfe. Deren Vorsitzender Georg Ehrmann sagte sueddeutsche.de, gerade in Hartz-IV-Familien sei ein großer Anteil der Eltern nikotin- und alkoholabhängig. In Deutschland lebten 2,1 Millionen Kinder in Haushalten von Alkoholikern.

Brandenburgs JU-Chef Jan Redmann sprach von einer wichtigen Debatte: "Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass eine Reihe von Eltern die ihnen vom Staat für die Versorgung ihrer Kinder zur Verfügung gestellten Mittel nicht sachgerecht verwenden."

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/odg/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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